Prozess gegen Jihadisten-Brüder 2 - Unwissenheit und Koch statt Kampf
Graz (APA) - Im Grazer Prozess gegen zwei Brüder, die jihadistischen Milizen in Syrien angehört haben sollen, dominierten am Donnerstag Rech...
Graz (APA) - Im Grazer Prozess gegen zwei Brüder, die jihadistischen Milizen in Syrien angehört haben sollen, dominierten am Donnerstag Rechtfertigungen. Der 16 Jahre alte Syrer, angeblich Scharia-Polizist, bekannte sich nicht schuldig. Er wollte gar nichts von den IS-Zielen gewusst haben. Sein um drei Jahre älterer Bruder, angeblich bei der salafistischen Ahrar al-Sham, will nicht gekämpft haben.
Der junge Bursche war der Anklageschrift zufolge bereits mit 14 Jahren zum IS gegangen - um das Dorf vor den Truppen von Bashar al-Assad zu schützen, wie er selbst angab - und hatte im Norden Syriens als Scharia-Polizist gearbeitet. Er habe in einem Dorf darauf geachtet, dass die Menschen rechtzeitig zum Gebet gingen, die Geschäfte in dieser Zeit geschlossen und die Frauen verschleiert seien. Zu diesem Zweck war er mit anderen Bewaffneten in einem Fahrzeug oder mit einem „Kollegen“ am Motorrad unterwegs. Wenn sich jemand nicht an diese Regeln des IS gehalten habe, habe er die Menschen verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Ob er die Menschen je wieder gesehen habe, wollte der Richter wissen. Nein, lautete die Antwort. Dass der IS eine Terrororganisation sei, das habe er erst später realisiert.
Der ältere Bruder zeigte sich zwar geständig, gab aber an, er habe in der in Nordsyrien sehr starken Ahrar al-Sham nicht gekämpft, sondern an der Front gekocht. Damit widersprach er aber seinen eigenen, gegenüber der Polizei gemachten Aussagen. Als er vom Richter darauf hingewiesen wurde, besprach er sich mit seinem Verteidiger. Dann sagte er, geschossen habe er schon, aber nicht gekämpft. Ob er mit den Schüssen jemanden getötet habe, wisse er nicht.
Er und sein Bruder hatten laut Anklage eine gute Schulbildung. Die Eltern der Burschen seien gegen die Mitgliedschaft in jihadistischen Milizen gewesen, gaben die beiden an. Darauf sagte der Richter, das könne er sich nicht recht vorstellen, dass den Eltern dann nichts passiert sei, wenn alle drei Söhne - der dritte wurde in Deutschland festgenommen - nach Europa geflüchtet seien.
Am Nachmittag standen beim nun schon fünften Jihadisten-Prozess in Graz Zeugenbefragungen auf dem Programm. Ein Urteil wird am späten Donnerstagnachmittag erwartet.