Französische Gewerkschaften halten Druck auf Hollande vor EM aufrecht

Paris (APA/AFP) - Eine Woche vor Beginn der Fußball-EM in Frankreich halten die Gewerkschaften im Streit um eine Arbeitsmarktreform den Druc...

Paris (APA/AFP) - Eine Woche vor Beginn der Fußball-EM in Frankreich halten die Gewerkschaften im Streit um eine Arbeitsmarktreform den Druck auf die Regierung aufrecht. Arbeiter besetzten am Donnerstag ein Umspannwerk im Westfrankreich und provozierten damit einen gewaltigen Stromausfall, betroffen waren 125.000 Haushalte. Landesweit gab es Blockaden und Demos, die Eisenbahner setzten ihren Streik fort.

Gegen die Pläne von Staatschef Francois Hollande für eine Lockerung des französischen Arbeitsrechts machen die Gewerkschaften schon seit rund drei Monaten mobil. Die Fronten sind verhärtet, weil die sozialistische Regierung an der Reform festhält und auch die weit links stehende Gewerkschaft CGT nicht nachgeben will. Die CGT setzt deswegen auf Streiks und Blockaden - und schließt Protestaktionen auch während der am 10. Juni startenden Fußball-EM nicht aus.

Am Donnerstagmorgen blockierten Demonstranten die Zufahrten zu Atomkraftwerken, Fabriken, Müllverbrennungsanlagen und Gewerbegebieten in verschiedenen Landesteilen. Blockiert wurde auch eine Fabrik des Unternehmens von Arbeitgeberpräsident Pierre Gattaz. Der hatte kürzlich die CGT wegen ihrer Blockaden mit „Terroristen“ verglichen, später aber eine „unangebrachte“ Äußerung eingeräumt. Bei der Räumung einer Blockade in der südfranzösischen Stadt Toulouse wurden nach Polizeiangaben acht Beamte leicht verletzt.

Die Gewerkschaften setzten auch ihre Streiks in Ölraffinerien und Häfen fort. In 16 von Frankreichs 19 Atomkraftwerken stimmten die Beschäftigten zudem für zeitweilige Arbeitsniederlegungen. Schon vor einer Woche hatten die Gewerkschaften für eine Drosselung der Produktion in einer Reihe von AKW gesorgt, ohne dass dies die Stromversorgung beeinträchtigte. In Frankreich stammen rund drei Viertel des produzierten Stroms aus der Atomkraft.

Aus Protest gegen die Reformpläne von Hollande, der im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit die 35-Stunde-Woche und den Kündigungsschutz lockern will, gab es erneut Demonstrationen. Dabei lieferten sich in der westfranzösischen Stadt Nantes jugendliche Demonstranten heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei, warfen Flaschen und Steine.

Die Eisenbahner setzten unterdessen einen am Mittwoch begonnenen unbefristeten Streik fort. Wie am Vortag rollten nur ein Drittel der Intercity-Züge, jeder zweite Regionalexpress und 60 Prozent der TGV-Schnellzüge. Schnellzugverbindungen nach Deutschland waren nicht betroffen, einige Thalys-Schnellzüge nach Belgien - wo am Donnerstag ebenfalls gestreikt wurde - fielen jedoch aus.

In Paris besetzten Demonstranten zwischenzeitlich ein Stellwerk des Bahnhofs Gare de Lyon, eine Stunde lang konnte kein Zug abfahren. Bei der Staatsbahn SNCF wird nicht vorrangig wegen der Arbeitsmarktreform gestreikt, sondern in erster Linie wegen Verhandlungen über Arbeitsbedingungen im Unternehmen und in der Bahnbranche.

Ein Streik bei den Pariser Nahverkehrsbetrieben führte zunächst zu keinen Behinderungen bei Metros und Bussen. Leichte Verzögerungen gab es im Flugverkehr, weil Fluglotsen aus Protest gegen die Arbeitsmarktreform die Arbeit niederlegten. Einen größeren Fluglotsenstreik von Freitag bis Sonntag aus Protest gegen Stellenkürzungen sagten die Gewerkschaften dagegen ab, nachdem es zu einer Einigung mit der zivilen Luftfahrtbehörde gekommen war.

Dagegen rückt ein Pilotenstreik bei der Fluggesellschaft Air France näher: Die zweitgrößte Pilotengewerkschaft Spaf kündigte einen Streik ab dem 11. Juni an, also einen Tag nach Beginn der Fußball-Europameisterschaft. Hintergrund sind Lohnkürzungen bei der Fluggesellschaft.