Parteien taktieren mit acht Personen um Rechnungshof
Grüne und NEOS präsentierten gestern mit Viktoria Kickinger eine gemeinsame Kandidatin. Die Vorentscheidung fällt nächsten Mittwoch.
Wien – Mit Viktoria Kickinger (63) ist das Feld der Kandidatinnen und Kandidaten für die künftige Führung des Rechnungshofes nun komplett: Grüne und NEOS haben die Unternehmerin gestern als gemeinsame Kandidatin präsentiert. Die Vorentscheidung über die Besetzung fällt nächsten Mittwoch in einem öffentlichen Hearing vor den Mitgliedern des Hauptausschusses im Nationalrat. Die eigentliche Wahl folgt am Donnerstag. Noch ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht klar, wer das Rennen machen kann.
Für die Wahl nötig sind 15 der 28 Stimmen im Hauptausschuss. Dieser reicht seinen Vorschlag dann an das Plenum des Nationalrates weiter. Die Bestätigung dort ist aber nur Formsache. Amtsantritt des Nachfolgers oder der Nachfolgerin von Josef Moser ist am 1. Juli.
Eine gemeinsame Vorgangsweise der Koalitionsparteien zeichnete sich zumindest vorerst nicht ab. Zuerst die ÖVP und dann auch die SPÖ haben eigene Kandidaten nominiert, die bei der jeweils anderen Partei auf wenig Freude stoßen.
Helga Berger, derzeit Sektionschefin im Finanzministerium, hat jedenfalls die Unterstützung der acht ÖVP-Mandatare im Hauptausschuss. Sie war früher Kabinettschefin der freiheitlichen Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und dann Mitarbeiterin Mosers im Rechnungshof.
Ob sie auch die sechs blauen Stimmen bekommen kann, ist aber offen: Die FPÖ hat mit der aus Innsbruck stammenden Ökonomin Barbara Kolm eine eigene Persönlichkeit namhaft gemacht.
Acht schwarze und sechs blaue Stimmen wären aber noch immer zu wenig. Ein möglicher Mehrheitsbeschaffer wäre das Team Stronach, das mit einer Abgeordneten im Hauptausschuss vertreten ist. Das Team Stronach hat aber ebenfalls zwei Männer nominiert – darunter den auch von der SPÖ (8 Sitze) genannten Gerhard Steger.
Steger gilt als fachlich hoch qualifiziert. Er kennt als langjähriger Budget-Sektionschef im Finanzministerium die Verwaltung sehr gut. Vor zwei Jahren wechselte er in einen Spitzenjob im Rechnungshof – letztlich mit der Absicht, dort nach Moser auch die Spitze erklimmen zu können.
Gegen Steger spricht aber, dass viele sich erstmals eine Frau an der Spitze des Rechnungshofes wünschen. Steger ist außerdem SPÖ-Mitglied, was ihn wiederum auf Seiten der ÖVP Sympathien kostet.
Entschieden wird bei Bedarf in mehreren Wahlgängen. Grüne und NEOS hoffen, dann letztlich doch mit Kickinger durchzukommen. Sie ist Unternehmerin (Director’s Chanel), Aufsichtsrätin (Staatsoper, Volksoper, Burgtheater, art for art, S&T etc.) und Vorsitzende des Unirates des Mozarteums Salzburg. Zuvor war sie bei der damaligen Verstaatlichenholding ÖIAG, bei den ÖBB und als Generalsekretärin bei der Post tätig. (APA, sabl)
Die Kandidaten im Überblick
Elfriede BAUMANN (60) ist Partnerin bei der Unternehmensberatung EY (früher Ernst & Young) und dort u.a. für Energie und öffentliche Dienstleistungen zuständig. Die gebürtige Kärntnerin (11. Dezember 1955) startete ihre Karriere nach dem Studium der Wirtschaftspädagogik 1979 bei der Süd-Ost Treuhand, 1995 wurde sie Geschäftsführerin bei Ernst & Young. Baumann ist parteifrei. Nominiert von: SPÖ
Helga BERGER
(43) ist seit Jänner Leiterin der Budgetsektion im Finanzministerium und war zuvor eine der engsten Mitarbeiterinnen Mosers im Rechnungshof - erst als Pressesprecherin, dann als Sektionschefin. Die gebürtige Kärntnerin (19. Dezember 1972) ist parteifrei, hat ihre Karriere aber als Mitarbeiterin bei Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und Bürochefin von FP-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer begonnen. Der frühere FP-Klubdirektor Moser holte die Juristin in den Rechnungshof. Nominiert von: ÖVP
Viktoria KICKINGER
(63) ist Unternehmerin (Director‘s Chanel), Aufsichtsrätin (Staatsoper, Volksoper, Burgtheater, art for art, S&T etc.) und Vorsitzende des Unirates des Mozarteums Salzburg. Die Wienerin (geboren am 29. September 1952) startete nach abgeschlossenem Publizistik-Studium ihre Karriere als Redakteurin beim ORF, wechselte noch dort ins Marketing - und dann als Pressesprecherin zu den ÖBB und zur ÖIAG, 2004 bis 2009 war sie Post-Generalsekretärin, 2009 gründete sie die Initiative Aufsichtsräte Austria. Nominiert von: Grünen und NEOS
Barbara KOLM
(51) leitet das wirtschaftsliberale Hayek Institut und das Austrian Economic Center, seit Jahren ist sie die FPÖ-Expertin in den Budgethearings des Nationalrats. Die gebürtige Tirolerin (28. November 1964) ist zwar kein Parteimitglied, saß allerdings von 1994 bis 2000 sowie 2003 bis 2006 für die FPÖ im Innsbrucker Gemeinderat. Nominiert von: FPÖ
Margit KRAKER
(55) ist seit 2013 Direktorin des steirischen Landesrechnungshofes. Dass Kraker - sie ist ÖVP-Mitglied - direkt aus dem Kabinett des heutigen Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer in diese Funktion wechselte, dessen Büro sie seit 2000 leitete, sorgte damals für Kritik der Opposition. Ihre Karriere startete die gebürtige Steirerin (9. November 1960) als Assistentin am Institut für öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre an der Universität Graz, danach war sie Parlamentsjuristin in Wien und Landtagsjuristin in Graz. Nominiert von: ÖVP
Walter LAKI
(65) vertritt das Team Stronach im niederösterreichischen Landtag und ist pensionierter Rechnungshofbeamter. Nach seinem Wirtschaftsstudium arbeitete der gebürtige Burgenländer (29. Mai 1951) bei der Jungarbeiterbewegung und beim ORF, bevor er 1983 zum Rechnungshof wechselte. Nominiert von: Team Stronach
Wolfram PROKSCH
(41) ist ein Wiener Rechtsanwalt. Öffentlich in Erscheinung getreten ist er u.a. als Vertreter des NEOS-Politikers Sepp Schellhorn im Rechtsstreit um sein Asylquartier gegen das Land Salzburg - oder als Anwalt von Max Schrems in den Verfahren gegen Facebook. Der gebürtige Wiener (24. November 1974) war „einfaches NEOS-Mitglied“ von der Gründung weg und zuletzt auch Vorsitzender des Parteischiedsgerichts, hat aber diese Funktionen ruhend gestellt. Nominiert von: NEOS
Gerhard STEGER
(58) war ab 1997 Leiter der Budgetsektion im Finanzministerium, bevor er im April 2014 als Chef der Budgetkontrolle an den Rechnungshof wechselte. Bereits damals gab es Gerüchte, der promovierte Politikwissenschafter könnte sich mit diesen Schritt für die Nachfolge Mosers in Stellung bringen. Der gebürtige Niederösterreicher (14. Oktober 1957) ist bekennendes SP-Mitglied, hat sich als Verfechter eines strikten Sparkurses allerdings auch in den eigenen Reihen nicht nur Freunde gemacht. Nominiert von: SPÖ und Team Stronach