Auf der Langstrecke ist Billigfliegerei deutlich schwieriger
Frankfurt (APA/dpa) - Funktioniert die Billigfliegerei auch auf der Langstrecke? In Richtung Amerika versuchen sich bereits einige Airlines ...
Frankfurt (APA/dpa) - Funktioniert die Billigfliegerei auch auf der Langstrecke? In Richtung Amerika versuchen sich bereits einige Airlines daran. Nun tritt auch ein wichtiger asiatischer Player auf den Plan. Die Billigflieger haben weltweit den Luftverkehr umgekrempelt und den alteingesessenen Gesellschaften einen guten Teil des Geschäftes abgejagt.
Die Passagiere können sich vor allem auf Kurz- und Mittelstrecken über mehr Wettbewerb und sinkende Ticketpreise freuen. Auf Langstrecken über 3.000 Meilen sind die Billiganbieter jedoch nicht über vereinzelte Versuche hinausgekommen. Doch das ändert sich gerade.
Was versteht man unter Low-Cost-Carrier?
Das Geschäftsmodell der Billigflieger gründet sich auf verschiedenen Kostenvorteilen. Eine einheitliche, billig zu wartende Flotte muss möglichst viele Flüge pro Tag erledigen. Im Punkt-zu-Punkt-Verkehr gibt es keine umsteigenden Passagiere und keine Crew-Übernachtungen auswärts. An zweitrangigen Flughäfen gelten geringere Gebühren als an den großen Drehkreuzen und zudem können die Flugzeuge schnell wieder startklar gemacht werden. Den Passagieren werden nach dem Grundsatz „No Frills - keine Mätzchen“ Dienstleistungen wie Verpflegung oder Platzwahl nur gegen zusätzliche Bezahlung angeboten.
Wie groß ist die wirtschaftliche Bedeutung der Billigflieger?
Die Bedeutung der weltweit mehr als 100 Billiganbieter wächst von Tag zu Tag. In Europa bieten sie schon mehr als 40 Prozent aller Flugzeug-Sitzplätze an. Branchenprimus Ryanair transportierte 2015 nahezu genauso viele Passagiere wie die gesamte Lufthansa-Gruppe. Auch easyJet darf sich zum erlauchten Kreise der fünf wichtigsten Fluggesellschaften des Kontinents zählen. Die etablierten Konzerne wie Lufthansa, Air France und die British Airways-Mutter IAG versuchen mit Töchtern das Geschäftsmodell zu kopieren. In den USA agiert der älteste und weltweit größte Low-Cost-Anbieter Northwest und in Südostasien sind unter anderem die malaysische AirAsia und die indonesische Lion Air sehr erfolgreich.
Welche Billigangebote gab und gibt es auf der Langstrecke?
Beim Versuch, Langstreckenflüge billig anzubieten, sind schon etliche Gesellschaften wie Laker, Oasis oder People Express pleitegegangen. Am Markt durchaus erfolgreich sind europäische Charterflieger wie die Condor, die in einem Mischkonzept auf ihren Karibik- und US-Routen einen größeren Teil der Tickets direkt verkauft. Größter Anbieter in Europa ist Norwegian, die vor allem US-Flüge aus Skandinavien und London abdeckt. Lufthansa hat ihre Billigtochter Eurowings mit bisher vier Flugzeugen auf die touristische Langstrecke angesetzt. Als schwieriger gelten Verbindungen Richtung Asien, weil hier auch die starken Gesellschaften vom Arabischen Golf mitspielen. AirAsia will demnächst nach Frankfurt fliegen, hat in der Vergangenheit aber schon Strecken nach London wieder gestrichen.
Was sind die wichtigsten Unterschiede zur Kurzstrecke?
Auf der Langstrecke entfallen wichtige Kostenvorteile. So nimmt der Kostenanteil des für alle Wettbewerber gleich teuren Kerosins mit der Entfernung zu. Die Crews können nicht unmittelbar zurückfliegen, so dass komplexere Umläufe für Maschinen und Personal geplant werden müssen. Längst nicht mehr alle Flughäfen kommen wegen des fehlenden Passagierpotenzials als Flugziel infrage, so dass auf größere, teurere Flughäfen ausgewichen werden muss. Schließlich ist es auf langen Strecken schwieriger, den Betrieb verlässlich aufrecht zu erhalten. Ein technischer Defekt kann zu immensen Verspätungen führen, weil ein Ersatzflugzeug sehr lange zum Einsatzort braucht.
Wie kann Low Cost auf der Langstrecke funktionieren?
Dass überhaupt darüber nachgedacht werden kann, liegt nicht zuletzt an neuen, deutlich sparsameren Flugzeugtypen wie der Boeing 787 und dem Airbus A330. Sie können aus einem starken Heimatmarkt in touristisch und geschäftlich interessante Ziele betrieben werden, wie es AirAsia zwischen Malaysia und Australien demonstriert. Auch ist die Nachfrage nach Flügen zwischen den asiatischen Geschäftszentren so hoch, dass sich hier dauerhaft Billigflieger auch auf langen Strecken etabliert haben. Einen anderen Weg geht Norwegian, die nach einer Untersuchung der Beratungsgesellschaft LeighFisher nur auf 10 ihrer 20 Langstrecken überhaupt Konkurrenz hat und so Schwächen im Netz der SAS nutzt.