„Painting 2.0“: mumok entlarvt die Mär vom Tod der Malerei
Wien (APA) - Die Malerei ist in der Bilderflut des Informationszeitalters nicht untergegangen, sondern hat sich neue Inseln der Auseinanders...
Wien (APA) - Die Malerei ist in der Bilderflut des Informationszeitalters nicht untergegangen, sondern hat sich neue Inseln der Auseinandersetzung und Quellen der Inspiration erschlossen. Diese Gegenerzählung zum Topos vom Tod der Malerei in der Spektakelgesellschaft will die neue mumok-Ausstellung „Painting 2.0“ etablieren. Mit 230 Werke von 100 Künstlern wird eine fruchtbare Wechselbeziehung porträtiert.
„Wir haben uns gefragt, weshalb das Medium Malerei zunehmend an Bedeutung gewinnt in einer Zeit, in der die Zirkulation immaterieller Bilder immer mehr zunimmt“, umriss Kuratorin Manuela Ammer bei der Präsentation der Schau am Freitag die Ausgangslage für das Projekt, das gemeinsam mit dem Münchner Museum Brandhorst realisiert wurde, wo die Ausstellung bis Ende April zu sehen war. Klar sei, dass die Malerei keinen Rückzug, sondern eine dezidierte Auseinandersetzung angetreten habe, zeigte sich auch Brandhorst-Direktor Achim Hochdörfer überzeugt.
Dieser These nähert man sich in drei Kapiteln, welche die vom Büro Kuehn Malvezzi als ebenso subtiler wie lenkender Parcours gestaltete Schau gliedern. „Geste und Spektakel“ widmet sich dem Umgang der Malerei mit der aufkommenden Spektakelkultur, wofür Aktionskünstlerinnen wie Niki de Saint Phalle und ihre Schießbilder oder Martin Kippenbergers Konzept stehen, eigene Bilder zu zerstören und stattdessen deren fotografische Reproduktionen auszustellen.
„Exzentrische Figuration“ nähert sich hingegen den Vorstellungen von Körperlichkeit, die sich unter dem Einfluss der veränderten technischen Möglichkeiten wandelten und dem vermeintlichen Gegensatz von Technik und Menschlichem neue Zugänge entgegenstellen. Resolute Frauen wie Maria Lassnig oder Elizabeth Murray dominieren hier. Und schließlich beleuchtet „Soziale Netzwerke“ das gängige Schlagwort und bindet dieses an Vorläufer der digitalen Communitys wie Andy Warhols Factory oder die feministischen Künstlerinnen der New Yorker A.I.R. Gallery. Am Ende steht ein denkbar breiter Gang durch die Verästelungen der Malerei in den vergangenen Jahrzehnten, eine offene Landkarte durch Wege und Irrwege - ebenso zugänglich wie sinnstiftend.
Apropos Bilderflut: „Painting 2.0“ ist nicht die einzige Ausstellung, die ab Samstag die Interessierten ins mumok locken soll. Die beiden Litauerinnen Pakui Hardware (deren Künstlername sich von einer hawaiianische Existenzgottheit herleitet) haben im zweiten Untergeschoß unter dem Titel „Vanilla Eyes“ eine zweigeteilte Installation konstruiert. „Es gleicht einem Brutkasten für noch unbekannte Wesen der Zukunft“, deutete mumok-Direktorin Karola Kraus am Freitag das Werk.
Und schließlich ist auch noch die seit 12. Mai geöffnete Schau „Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne“ bis 5. März 2017 zu sehen, die sich mit Viktor Matejka und Werner Hofmann zwei der zentralen Persönlichkeiten der mumok-Geschichte samt ihrer Sammlungsleidenschaft widmet. „Wir können uns auf einen turbulenten Sommer freuen“, ist Kraus überzeugt.
(S E R V I C E - „Painting 2.0: Malerei im Informationszeitalter“ im mumok, Museumsplatz 1, 1070 Wien von 4. Juni bis 6. November. Geöffnet Montag: 14 bis 19 Uhr, ansonsten täglich von 10 bis 19 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Ausstellungskatalog „Painting 2.0: Malerei im Informationszeitalter“, hrsg. von Manuela Ammer, Achim Hochdörfer, David Joselit, 288 Seiten, 39,95 Euro. www.mumok.at)