Anreize zum Reden - Steiniger Weg zu neuen Nahost-Friedensgesprächen

Paris (APA/dpa) - Der Applaus ist diplomatisch: Gerade neun Sekunden beklatschen die Außenminister François Hollande, nachdem der französisc...

Paris (APA/dpa) - Der Applaus ist diplomatisch: Gerade neun Sekunden beklatschen die Außenminister François Hollande, nachdem der französische Präsident für einen neuen Anlauf zu Nahost-Friedensverhandlungen geworben hat. Die Erwartungen sind verhalten, zu viele Versuche sind schon im Morast des jahrzehntealten Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern stecken geblieben.

Doch Paris will endlich wieder Bewegung in den festgefahrenen Prozess bringen - um eine drohende neue Eskalation zu vermeiden. „Wir haben die Entscheidung getroffen, die Hand auszustrecken“, sagt Außenminister Jean-Marc Ayrault.

Ob Israelis und Palästinenser sie ergreifen, ist die große Frage. Israel fürchtet ein „internationales Diktat“ und blockt erstmal alles ab. Die Weltgemeinschaft will nun Anreize bieten, um die Konfliktparteien zurück an den Verhandlungstisch zu locken.

Hollande redet den Gästen ins Gewissen: „Die Sorge bleibt, die Gewalt auch, und die Hoffnung stirbt“, sagt er. Ein Andauern des jahrzehntealten Konflikts helfe nur den Extremisten auf allen Seiten und bilde Nährboden für neuen Terrorismus. Vor dem Hintergrund der Terroranschläge des vergangenen Jahres in Frankreich macht er damit auch klar, warum das Thema für die Franzosen so hoch aktuell ist.

Fast 30 Länder und Organisationen sind an diesem Freitag in Paris vertreten: US-Außenminister John Kerry ist da, auch Russland, die Arabische Liga und selbst Japan sind vertreten. Schon dass diese als Startschuss gedachte Konferenz ohne die beiden Konfliktparteien überhaupt stattfindet, war nicht selbstverständlich. Schließlich gab es viel Skepsis; die USA reagierten anfangs zurückhaltend. Und Israel hatte von vorneherein signalisiert: Nein danke.

Der Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, Dore Gold, nannte die Vorgehensweise am Vortag sogar „kolonialistisch“. Wie das französisch-britische Sykes-Picot-Abkommen von 1916 zur Aufteilung des Osmanischen Reiches in europäische Einflusszonen, so werde auch die französische Initiative nicht erfolgreich sein. „Wenn du ein Problem mit deinem Nachbarn hast, dann musst du nicht nach Paris reisen und Senegal um Hilfe bitten.“

Doch eine glaubwürdige Alternative fehlt. Seit dem Scheitern der erheblichen Vermittlungsbemühungen Kerrys vor zwei Jahren liegen die Friedensgespräche auf Eis. Und die sogenannte Messer-Intifada schürt Sorgen vor einer neuen Spirale der Gewalt. „Es ist für uns sehr klar, dass die beiden Parteien ohne regionalen oder internationalen Rahmen nicht ganz allein und von sich aus an den Tisch kommen“, sagt die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

Der Kern der französischen Pläne ist es, die Bemühungen aller Akteure in der Region und auf internationaler Ebene zu bündeln: die Arabische Friedensinitiative von 2002, die für Frieden die Anerkennung Israels anbot - und zuletzt von Ministerpräsident Netanyahu überraschend positiv erwähnt wurde; Europas Angebot einer engen Partnerschaft als Belohnung für den Frieden; die Arbeit des Nahost-Quartetts aus USA, Russland, UN und EU.

Sonderlich konkret ist das alles noch nicht. In der Schlusserklärung werden nicht einmal die geplanten Arbeitsgruppen explizit erwähnt, die nach Ayraults Worten Ende des Monats ihre Arbeit aufnehmen könnten. Es kommt also viel darauf an, ob die Länder auf Dauer mitziehen - und ob Frankreichs Diplomatie einen langen Atem hat. Vor Ende des Jahres soll eine Friedenskonferenz mit den Betroffenen stattfinden.

Ayrault versichert, man werde alles tun, damit Israelis und Palästinenser die ausgestreckte Hand ergreifen. Und er tritt Israels Bedenken entgegen: Es gehe nicht darum, eine Lösung aufzuzwingen - sondern die Voraussetzungen zu schaffen, um überhaupt wieder direkte Gespräche zu ermöglichen.

Der Nahost-Experte Ofer Zalzberg von der International Crisis Group sagte im Vorfeld, einen moderaten Erfolg hätten die Franzosen schon erreicht. Sie hätten es geschafft, das vom Syrienkrieg in den Hintergrund gedrängte Thema wieder auf die internationale Agenda zu setzen.