Panorthodoxes Konzil: Worüber die Bischöfe diskutieren
Wien/Heraklion (APA) - Sechs Themenkomplexe stehen beim Panorthodoxen Konzil von 19. bis 26. Juni in Kreta auf der Tagesordnung. Sie wurden ...
Wien/Heraklion (APA) - Sechs Themenkomplexe stehen beim Panorthodoxen Konzil von 19. bis 26. Juni in Kreta auf der Tagesordnung. Sie wurden in einem fast 50-jährigen Vorbereitungsprozess erarbeitet und schließlich bei einer Vorbereitungskonferenz im Jänner 2016 in Chambesy (Schweiz) von den Oberhäuptern der 14 autokephalen orthodoxen Kirchen verabschiedet.
Bei manchen Vorlagen werden keine dramatischen Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten erwartet, bei anderen hingegen dürften die Wogen hochgehen. Kathpress fasst die wichtigsten Inhalte der sechs Vorlagen zusammen:
Ehe und Ehehindernisse
Einhellig lehnt die orthodoxe Kirche die Ehe von Orthodoxen mit Nichtchristen ab. Ein pastorales Dauerthema ist aber die Frage der Ehe zwischen Orthodoxen und Christen anderer Kirchen. Das auch hier bestehende grundsätzliche Verbot wird nicht in allen Kirchen auch restriktiv ausgelegt. Gemischt-konfessionelle Ehen sind vielerorts durchaus üblich, vor allem auch in jenen Ländern, wo die Orthodoxen nicht die Mehrheitsbevölkerung stellen.
Die Vorlage schreibt zwar prinzipiell nach wie vor das Eheverbot vor, lässt aber Ausnahmen zu, wenn die Kinder orthodox getauft und großgezogen werden. Wie die Praxis genau aussieht, soll jeder autokephalen Kirche selbst überlassen werden, heißt es in der Vorlage. Ehen zwischen Orthodoxen und Nichtchristen sowie die „Homoehe“ bleiben freilich nach wie vor ausnahmslos verboten.
Fastenvorschriften
Die orthodoxe Kirche kennt zahlreiche Fastenzeiten und einzelnen Fasttage, die in Quantität und Qualität weit über die Fastenvorschriften der katholischen Kirche hinausgehen. So gibt es allein vier große Fastenzeiten. Seit den 1970er Jahren gab es Vorstöße einzelner Landeskirchen, diese Fastenvorschriften aus Rücksichtnahme auf die Gläubigen zu lockern. Die Vorlage sieht vor, dass es letztlich der seelsorglichen Verantwortung der einzelnen lokalen Kirchen vorbehalten bleibt, wie sie die Fastenvorschriften in der Praxis handhaben.
Diaspora
Die Diasporafrage beschäftigt sich mit dem ungelösten Problem, dass es in Westeuropa, Amerika und Australien mehrere sich überlappende Jurisdiktionen gibt, was eigentlich dem orthodoxen Kirchenrecht widerspricht. Ein bereits aus dem Jahr 2009 stammende Beschluss sieht die Bildung von Bischofskonferenzen u.a. für Nord, Zentral- und Südamerika, Australien, Neuseeland, Frankreich, Großbritannien und Irland, die Benelux-Länder, Deutschland, Spanien, Portugal, die skandinavischen Länder und Österreich vor. Mitglieder der Bischofskonferenz sind alle für den jeweiligen Jurisdiktionsbereich zuständigen orthodoxen Bischöfe, den Vorsitz hat der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats.
Diese Bischofskonferenzen haben sich positiv auf das Leben der Orthodoxie in der Diaspora ausgewirkt, sind jedoch bloße Übergangslösungen. Das wurde auch im Entschluss von Chambesy 2009 festgehalten. Bei der nun vorliegenden Konzilsvorlage handelt es sich im Wesentlichen um das Papier von 2009, das nun verbindlich für alle Kirchen beschlossen werden soll. Damit soll zum einen die Übergangslösung bestätigt und zugleich der Anstoß für eine endgültige Lösung gefunden werden.
Autonomie
Die Orthodoxie unterscheidet zwischen autokephalen (völlig eigenständigen) Kirchen und autonomen Kirchen. Letztere regeln ihre internen Angelegenheit selbst, unterstehen letztlich aber einer autokephalen Kirche. Die Vorlage über den Status der Autonomie sieht die Verantwortung dafür bei den einzelnen autokephalen Kirchen. Die Gewährung der Autonomie für eine Ortskirche liegt ganz bei der jeweiligen autokephalen Kirche, die anderen autokephalen Kirchen sollen darüber lediglich informiert werden.
Strittig ist freilich jener Passus, wonach dieses Recht zur Gewährleistung der Autonomie nur in den angestammten geografischen Territorien der Orthodoxie gelten soll, nicht aber in der Diaspora. In der Diaspora soll laut Konzilsvorlage keine Autonomie gewährt werden dürfen, außer durch einen von allen autokephalen Kirchen getragenen Beschluss. Wenn zwei autokephale Kirchen in ein und dem selben Gebiet auf ihre Zuständigkeit pochen, was im Nahen Osten mitunter der Fall ist, und es zu Unstimmigkeiten darüber kommt, wer wann welcher lokalen Ortskirche Autonomie gewährt, soll das Ökumenische Patriarchat eingeschaltet werden und sich um eine Lösung bemühen.
Mission der Kirche
Im Dokument über die „Mission der Orthodoxen Kirche in der Welt von heute“ werden zahlreiche Herausforderungen genannt, denen sich die Kirche stellen muss: Einsatz für Menschenrechte, Friede oder soziale und ökologische Gerechtigkeit.
Ökumene
Im Ökumene-Papier wird der unbedingte Wille zur Wiederherstellung der Einheit der Kirche betont. Für diese Einheit sei freilich u.a. die Einheit in den Sakramenten und in der apostolischen Sukzession notwendig. „Interkonfessionelle Kompromisse“ werden abgelehnt. Ausdrücklich bekennt sich das Papier zum ökumenischen Dialog mit anderen christlichen Kirchen und Konfessionen auf vielfältige Weise. Jede Form von Proselytismus, also das Abwerben von Christen anderer Kirchen, wird abgelehnt. Weitreichende Beschlüsse, die das ökumenische Verhältnis zu anderen Kirchen betreffen, müssen freilich auf gesamtorthodoxer Ebene getroffen werden.