China

Aktivisten wegen Gedenkens an Tiananmen festgenommen

Demonstranten verbrannten in Hongkong Abbildungen des ehemaligen chinesischen Präsidenten Yang Shangkun.
© AFP

Vor 27 Jahren fuhr die chinesische Regierung mit Panzern gegen Demonstranten auf. Tausende Menschen wurden getötet.

Peking/Hongkong/Taipeh – Anlässlich des Gedenkens an die blutige Niederschlagung der Proteste der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz vor 27 Jahren in Peking sind in China mehrere Aktivisten festgenommen oder unter Beobachtung gestellt worden. Wie die NGO Weiquanwang am Samstag berichtete, wurden sechs Menschenrechtsaktivisten, darunter auch der Dichter Liang Taiping, seit Donnerstag von der Polizei festgehalten.

In Hongkong gedachten am Samstag Zehntausende Menschen der Opfer des Tiananmen-Platzes.

Die Festgenommenen hatten nach Angaben von Weiquanwang eine private Zeremonie im Gedenken an den 4. Juni 1989 abgehalten. Ihnen werde Unruhestiftung vorgeworfen, erklärte die Organisation. Ein weiterer Aktivist sei in den vergangenen Tagen in der chinesischen Hauptstadt „verschwunden“. Der Pekinger Platz des Himmlischen Friedens selbst wurde am Samstag schärfer bewacht als sonst, auch die Passkontrolle war strenger, wie ein AFP-Fotograf berichtete.

Blutbad kostete 1989 Tausenden Menschen das Leben

Bei dem Blutbad auf dem Platz war die chinesische Armee in der Nacht auf den 4. Juni 1989 mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die dort wochenlang für mehr Demokratie demonstriert hatten. Dabei wurden Hunderte, möglicherweise sogar tausende Menschen getötet. Die Führung in Peking lässt bis heute keine echte Aufarbeitung der Vorfälle zu und schweigt offiziell zu dem Thema.

Mitglieder der Hinterbliebenenorganisation Mütter von Tiananmen berichteten, sie würden seit vergangener Woche überwacht - auch am Samstag, als sie auf einem Friedhof die Gräber ihrer Kinder besuchten. Auch die Anführerin und Gründerin der Gruppe, Ding Zilin, wurde in ihrem Haus verstärkt überwacht, wie Medien in Hongkong berichteten.

125.000 Menschen versammelten sich in Hongkong

In Hongkong gedachten am Samstag Zehntausende Menschen der Opfer vom 4. Juni 1989. Nach Angaben der Organisatoren versammelten sich 125.000 Menschen im Victoria-Park, zündeten Kerzen an und sangen Protestlieder. Boykottiert wurde die Gedenkveranstaltung von Aktivisten, die sich für mehr Autonomie oder die Unabhängigkeit der Sonderverwaltungszone einsetzen. Die Bewegung entstand nach den Studentenprotesten des Jahres 2014, bei denen von Peking vergeblich Zugeständnisse für politische Reformen und mehr Demokratie in Hongkong eingefordert wurden.

Viele Studenten sehen mehr Sinn darin, sich auf den Kampf für die Unabhängigkeit Hongkongs zu konzentrieren als die Demokratiebewegung in China zu unterstützen oder an die Ereignisse vor fast 30 Jahren zu erinnern. „Wir sind die neue Generation“, sagte der 20-jährige Raven Kwok bei einer Veranstaltung in der Universität von Hongkong. „Wir müssen uns gegen die chinesische Regierung stellen, aber wir müssen auch an die Zukunft von Hongkong denken.“ Die Vorsitzende der Studentenvereinigung der Universität, Althea Suen, sagte, es gehe nun darum, für Demokratie in Hongkong zu kämpfen. Die Demokratisierung Chinas sei „nicht unsere Verantwortung“.

Präsidentin Taiwans appelliert an Regierung Chinas

Die neue taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen forderte die Führung in Peking anlässlich des Jahrestags auf, den Chinesen mehr Rechte zuzugestehen und die „Wunden und Schmerzen“ der Vergangenheit zu heilen. Tsai ist die Nachfolgerin von Ma Ying-jeou, der im Jänner wegen seines Annäherungskurses an Peking abgewählt worden war.

Das Parlament von Taiwan gedachte am Freitag erstmals der Ereignisse vom 4. Juni 1989 auf dem Tiananmen-Platz. Taiwan hatte sich 1949 nach einem Bürgerkrieg von China abgespalten und wird bis heute von Peking als Teil des chinesischen Staatsgebietes beansprucht. (APA/AFP)

Verwandte Themen