Musik

Das Amen in einem dunklen Gebet

© CyrilleChoupas

Verstörend-schöner Schwanengesang: Die Swans gehen mit ihrem neuen Album „The Glowing Man“ auf eine letzte Tour.

Von Silvana Resch

Innsbruck –Diesen elendslangen, albtraumhaften Klanggespinsten, diesem gnadenlosen Schwelgen zwischen Schönheit und Wahn, dem üppig orchestrierten An- und Abschwellen, dem Dahinwabbern zwischen scheinbarem Chaos und zu guter Letzt doch so etwas wie Songstrukturen – all dem ist die zugrunde liegende Botschaft vielleicht nicht unbedingt anzuhören: Es geht um Erlösung durch Liebe. Liebe in Großbuchstaben, wie Swans-Gründer Michael Gira in einem von der Plattenfirma veröffentlichten Gruß schreibt. Die Liebe habe die Swans in ihrer gegenwärtigen Inkarnation durch die letzten drei Alben geführt – doch damit ist nun Schluss. Mit „The Glowing Man“ liegt das vierte und letzte Werk der Swans in aktueller Besetzung vor, der bereits zweite Abgesang auf die legendäre US-Formation. Mit dem Live-Album „Swans are dead“ verabschiedete sich die Post-Rock-Band 1998 schon einmal von ihrem Publikum, 16 Jahre nach ihrer Gründung in New York. Mit exzessiven Live-Shows hatten sich die Swans in den 80er-Jahren eine treue Anhängerschaft erspielt: Das zarte Pflänzlein Melodie von wuchtigem Noise und Industrial nahezu erstickt, dazu Texte, die von Sex und Gewalt handelten – Konzerte zwischen Höllenritt und Exorzismus.

2010 dann das Comeback, mit alten und neuen Bandmitgliedern, eine Inkarnation, die den Lärm mit Folk Noir verbittersüßte. Eine Mixtur, die auch auf „The Glowing Man“ kredenzt wird, dem erneuten Schlusspunkt für die Band, die aber noch einmal auf Tour gehen will (im Oktober stehen auch zwei Österreich-Termine in Wien und Graz auf dem Programm).

Behutsam, fast schon zärtlich wird dieses Monster von einer Platte (bei gut zweistündiger Spielzeit als Doppel-CD beziehungsweise Dreifach-Vinyl erhältlich) eröffnet. „Cloud of Forgetting“ heißt der Opener, der bald zur unheilvollen Klangwolke anschwellen wird. „Take us! Save us!“, fleht Gira da, ein „Gebet“, so der Swans-Sänger, ebenso wie das darauffolgende „Cloud of Unknowing“, ein verstörend-nervöses Gebilde von 25 Minuten Länge. Die Lyrics zu dem Song „The World Looks Red/The World Looks Black“ sind bereits 1982 entstanden, die befreundeten Sonic Youth hatten sie bereits für ihren Song „The World Looks Red“ verwendet. Für seine Frau Jennifer hat Gira indes den inhaltlich beunruhigenden Song „When will I return“ geschrieben. „I am alive“, vergewissert sich die Sängerin da am Ende des fünfminütigen Stücks, mit aller Kraft hat sie sich gegen einen Angreifer gewehrt, ein traumatisches Erlebnis von sexueller Gewalt, mit dem sie auch heute noch kämpfe, so Gira in den Liner Notes.

Entstanden ist das Album, bevor Singer/Songwriterin Larkin Grimm schwere Vorwürfe gegen Gira erhoben hat. Grimm, die der Swans-Frontmann auf seinem Label Young God Records unter die Fittiche genommen hat, warf ihm im Februar vor, sie vergewaltigt zu haben. Gira streitet die Vorwürfe vehement ab, seine Frau stellt sich hinter ihn.

Auch abseits dieser verheerenden Anschuldigungen sehnt sich Gira nach Frieden. „Finally, Peace“ heißt das letzte Stück auf der Platte, bei den Swans kann das nur ein frommer Wunsch bleiben.