Benoite Groult: Wortgewandte Feministin „wider Willen“
Mit dem erotischen Roman „Salz auf unserer Haut“ landete sie einen Bestseller. Mit 96 Jahren ist die französische Autorin Benoite Groult gestorben.
Paris – Zur Schriftstellerin wurde Benoîte Groult vergleichsweise spät. Sie war über vierzig, als sie 1963 ihr gemeinsam mit ihrer Schwester Lola verfasstes „Tagebuch, vierhändig“ publizierte. Davor war Groult zunächst Lateinlehrerin, dann Journalistin. Mit dem F-Magazin gründete sie eine politische Zeitschrift für Frauen. Der Kampf für die Rechte von Frauen prägte auch ihre ersten Alleinveröffentlichungen in den 1970er-Jahren. Eine unfreie Gesellschaft habe sie zur „Feministin wider Willen“ gemacht, sagte sie einmal. In den 1980er-Jahren berief sie Frankreichs Präsident François Mitterand zur Leiterin der Kommission für geschlechtergerechte Sprache.
Benoîte Marie Rose-Nicole Groult wurde am 31. Jänner 1920 in Paris in großbürgerliche Verhältnisse geboren. Der Vater war Architekt, die Mutter führte einen Couture-Salon. Onkel Paul Poiret befreite als Modeschöpfer Paris’ höhere Töchter vom Korsettzwang. Zu den Freunden des Hauses zählten Pablo Picasso und Francis Picabia.
Groults 1972 publiziertes Romandebüt „Die Dinge, wie sie sind“ war ein erster Achtungserfolg. Weltweite Aufmerksamkeit verschaffte ihr allerdings der 1988 veröffentlichte Roman „Les vaisseaux du coeur“, der im deutschen Sprachraum unter dem Titel „Salz auf unserer Haut“ als verruchter Reißer vermarktet wurde. Groult zeichnete darin die glücklose „Liebe ohne Schuldgefühl“ einer Pariser Intellektuellen und eines bretonischen Fischers nach. Pornografievorwurf und die Empörung selbsternannter Sittenwächter schadete dem Verkauf nicht. Allein in Deutschland ging „Salz auf unserer Haut“ über drei Millionen Mal über den Ladentisch. In völliger Verkennung der Vorlage verfilmten Bernd Eichinger und Andrew Birkin den Roman 1992 als erotisches Rührstück, das so erfolgreich war, dass bisweilen der Eindruck entstand, man müsse die wortgewandte Gesellschaftskritikerin vor ihrem Ruf als „Sexpertin“ in Schutz nehmen. In der Nacht auf Dienstag ist Benoîte Groult im südfranzösischen Hyères 96-jährig gestorben. (jole)