BP-Wahl - VfGH zerpflückte Auszählung in Hermagor

Wien (APA) - Die 14 Verfassungsrichter haben am Dienstag die „Vorbereitungsmaßnahmen“ zur Briefwahl-Auszählung in Hermagor mit kritischen Fr...

Wien (APA) - Die 14 Verfassungsrichter haben am Dienstag die „Vorbereitungsmaßnahmen“ zur Briefwahl-Auszählung in Hermagor mit kritischen Fragen zerpflückt. Der Bezirkshauptmann wurde gefragt, wie er als Jurist annehmen konnte, dass sein Vorgehen rechtskonform gewesen sei. Er, der Wahlleiter-Vize und die „Vorzimmerdame“ hatten am Wahlsonntag ab 17 Uhr Wahlkarten geöffnet und die Kuverts herausgenommen.

Der Bezirkshauptmann, der als Wahlleiter im Kärntner Stimmbezirk fungierte, verwies auf einen Beschluss der Bezirkswahlbehörde vom Juli 2013. Diesen sah er durch den Paragraf 10 Absatz 6 des Bundespräsidentwahlgesetzes, der festlegt, was mit den Wahlkarten bis zur Auszählung passiert, gestützt. Darin stünde, dass „zumindest“ Vorarbeiten möglich wären - allerdings nicht jene, die in Hermagor durchgeführt wurden. Beschlüsse von Bezirkswahlbehörden, die dem Wahlgesetz widersprechen, wurden während der VfGH-Sitzung schon mehrere bekannt, etwa in Villach.

Die Richter fragten den Bezirkshauptmann auch nach dem Bedarf von Vorarbeiten in Hermagor, einem Stimmbezirk mit lediglich 1.700 Briefwahlstimmen, deren Auszählung nur knapp drei Stunden dauerte. In Kärnten habe es vor einigen Jahren, vor allem bei FPÖ und BZÖ, Probleme gegeben, Beisitzer zu finden, die auch tatsächlich erscheinen, erklärte der Behördenleiter. Bei der letzten Nationalratswahl hätten sich die Beisitzer zudem beklagt, dass ihre berufliche Tätigkeit unnötigerweise eingeschränkt würde, „weil wir ja nichts anderes tun als aufschlitzen“. Aus dieser Situation heraus habe man den Beschluss gefasst.

Auch VfGH-Präsident Gerhart Holzinger fragte den Bezirkshauptmann: „Warum machen Sie das so?“. Dieser verwies erneut auf die Beisitzer-Situation in Kärnten und dass er die Arbeit am Montag für die Wahlbeisitzer verkürzen wollte. Die Frage, die Auszählung dem Gesetz entsprechend vorzunehmen, habe sich wegen des Beschlusses und im Glauben an die Rechtmäßigkeit nicht gestellt. Gegen das Wort „schlampig“ wehrte es sich entschieden.

Holzinger richtete sich während der Zeugeneinvernahme dann überraschend auch an Robert Stein, den obersten Wahlleiter des Innenministeriums, ob er diese Rechtsansicht denn teile. Stein: „Ich teile das in keinster Weise. Es gibt hier mehrere Fälle von sogenannten ‚Schlampereien‘, aber andere Bezirke haben gezeigt, dass man eine vollkommen gesetzeskonforme Auszählung vollziehen kann.“ Auf Holzingers Anmerkung, dass die Bundeswahlbehörde ja die Spitze des Wahlsystems mit den ihr untergeordneten Landes- und Bezirkswahlbehörden bilde, sagte Stein: „Wir haben seit 26 Jahren immer nur Akten gesehen, darin war immer alles korrekt abgebildet.“ Tatsächlich zeigt der Wahlakt ein anderes Bild, wie die VfGH-Verhandlung offenbarte. In den Protokollen zu den Sitzungen haben die Beisitzer stets ein gesetzeskonformes Vorgehen bestätigt, auch wenn dies nicht der Realität entsprochen hat.

Der FP-Beisitzer aus Hermagor hatte zuvor Einblick gegeben, wie es zur Anfechtung der Bundespräsidentenwahl durch die FPÖ gekommen ist. Die Landespartei habe ihn angerufen und das Datenblatt für die Anfechtung ausgefüllt, erklärte der Zeuge. Er legte aber Wert auf die Feststellung, dass es aus seiner Sicht zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. „Aus Vertrauen in die Beamten“ habe er nicht an den Vorarbeiten am Wahlabend teilgenommen, aber das Protokoll trotzdem unterschrieben.

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