Erneuerbaren-Vertreter: Ausstieg aus Kohle erhöht Stromverbrauch
Wien (APA) - Österreich will das Pariser Klimaschutzabkommen vor dem Sommer ratifizieren. Um den globalen Temperaturanstieg tatsächlich auf ...
Wien (APA) - Österreich will das Pariser Klimaschutzabkommen vor dem Sommer ratifizieren. Um den globalen Temperaturanstieg tatsächlich auf 1,5 Grad gegenüber dem Beginn der Industrialisierung zu begrenzen, braucht es einen Ausstieg aus fossilen Energien. Der Abschied von Kohle und Öl bedeutet aber einen höheren Stromverbrauch, sagt Erneuerbaren-Lobbyist Erwin Mayer. Er fordert mehr Ökostrom und eine CO2-Steuer.
„Die Energiewende lässt sich nicht herbeisubventionieren“, so Mayer vom Dachverband Erneuerbare Energie (EEÖ) zur APA. Auch von Ge- und Verboten - etwa von Benzinautos - hält der Energieexperte nichts. Lieber wäre ihm, wenn das umweltschädliche CO2 besteuert würde - eine alte Forderung, die zum Beispiel das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) schon seit Jahren erhebt. Zuletzt hat sich sogar Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), für eine budgetneutrale CO2-Steuer ausgesprochen, um fossile Energieträger wie Benzin, Diesel, Erdgas, Kohle oder Heizöl finanziell uninteressanter zu machen. Im Gegenzug sollten die Steuern auf Arbeit gesenkt werden, meinte Lagarde bei ihrem Wien-Besuch vergangene Woche.
„Im Gegenzug zur CO2-Steuer nur die Lohnnebenkosten zu senken, reicht nicht aus“, sagt Mayer. Zusätzlich sei eine Art Technologiefonds nötig. Jeder Industriesektor solle unterm Strich so viel Geld zurückbekommen wie er an CO2-Abgabe zahlt. Der Erneuerbaren-Verband sei diesbezüglich schon in Gesprächen mit großen österreichischen Konzernen, die viel Emissionen in die Luft blasen.
Wohin die CO2-freie Reise geht, skizzierte vor ein paar Monaten Wolfgang Eder, Chef des börsennotierten Stahlriesen voestalpine. In 15 bis 20 Jahren könnte Stahl auf Basis von Wasserstoff anstatt Koks und Kohle produziert werden, was die CO2-Problematik weitgehend lösen könnte, so Eder vor ein paar Monaten. Als Zwischenschritt wäre es jedoch nötig, Koks durch Strom zu ersetzen. „Das ist aber nur in einem sehr begrenzten Rahmen möglich“, so Eder in einem „Format“-Interview. „Wenn wir jetzt gezwungen wären, völlig auf CO2-freie Produktion umzustellen, hätten wir einen Strombedarf von 33 Terawattstunden, das sind über 30 Donaukraftwerke oder fast 50 Prozent des gesamten Energiebedarfs Österreichs. Das ist eine totale Utopie.“
„Entkarbonisierung heißt auch mehr Strom“, weiß Mayer. Gerade deshalb sei es umso wichtiger, dass in Österreich mehr Ökostrom erzeugt wird.
Als zweites Beispiel nennt der Erneuerbaren-Vertreter die E-Mobilität. „Auch die bringt nur was, wenn wir Ökostrom einsetzen. Pro einer Million elektrisch betriebener Pkw kommen drei TWh an Strom dazu.“ Frankreich habe zwar eine der größten E-Auto-Flotten, „aber die fahren mit Atomstrom“. Mayers Traum: „Hinter jedem E-Auto steht ein Windrad oder eine Photovoltaik-Anlage.“
Dass ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien die Stromrechnung der privaten Haushalte ansteigen ließe, könne man so nicht sagen. „Der Strompreis hat sich in den vergangenen 15 Jahren real nicht erhöht. Für Industriekunden ist Strom heute so billig wie nie zuvor.“
Für Haushaltskunden sei der reine Arbeitspreis, der etwa ein Drittel der Energierechnung ausmacht, von 6 bis 8 Cent pro Kilowattstunde auf 5 Cent gesunken, der Ökostromzuschlag habe sich von 0,5 auf 3 Cent erhöht, rechnet Mayer vor. Unterm Strich habe sich nicht viel verändert; die Netzgebühren, ebenfalls ein größerer Posten auf der Stromrechnung, seien in etwa gleich geblieben.
Die Industrie sei in Wirklichkeit großer Profiteur der Energiewende. Weil Deutschland via EEG-Regime (Erneuerbare-Energien-Gesetz) so viel Ökostrom ins Netz presst, sei es in ganz Europa, speziell in der deutsch-österreichischen Preiszone, zu einem Stromüberschuss gekommen. „Dadurch sind die Marktpreise an der Strombörse EEX in Leipzig verfallen“, so Mayer. Die Industrie zahle also heute viel weniger für Strom.
Die deutschen Haushaltskunden wurden dafür stärker belastet. Die EEG-Umlage beträgt in Deutschland 6,4 Cent/kWh, in Österreich sind es eben nur 3 Cent an Ökostromzuschlag.
Ein Mehr an Ökostrom in Österreich würde aber nicht bedeuten, dass die österreichischen Endkunden genauso tief in die Tasche greifen müssen wie die deutschen, so Mayer. Lediglich um 1 bis 2 Cent pro Kilowattstunde würde sich der Strompreis real erhöhen, schätzt der Energieexperte. „Die Lernkurven sind steil, die Technologien - Windkraft, Photovoltaik - sind billiger geworden.“
~ ISIN AT0000937503 WEB http://www.voestalpine.com ~ APA027 2016-06-22/06:00