Gesundheit

Erste Geburt nach Erbgut-Analyse

In Wien wurde Österreichs erstes Retortenbaby nach einem Gentest geboren. In Tirol gibt es Kandidatinnen.

Wien, Innsbruck –Fünf Jahr­e war die Wiener Patientin in Behandlung und hatte zahlreiche Versuche einer künstlichen Befruchtung hinter sich. Doch trotz In-vitro-Fertilisation wollte es mit dem Baby nicht klappen. Jetzt hat sich der sehnlichste Wunsch der Eltern aber erfüllt: „Wir sind überglücklich und sehr dankbar, nach fünf Fehlgeburten nun endlich unsere Tochter in unseren Armen zu halten“, freut sich die frischgebackene Mutter.

Das kleine Mädchen ist das erste Kind, das in Österreich mit Hilfe von Präimplantationsdiagnostik (PID) geboren wurde. Darunter versteht man die Untersuchung eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor der Einpflanzung. Der in vitro – als­o im Reagenzglas – erzeugt­e Embryo wird hinsicht­lich genetischer Defekte untersucht.

Seit 1.4.2015 ist die Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes in Kraft. Es erlaubt in Österreich unter restriktiven Bedingungen auch die Präimplantationsdiagnostik. Diese ist z. B. bei jenen Patientinnen zugelassen, die zumindest dreimal miterleben mussten, dass eine Schwangerschaft eintritt und dann doch in einer Fehl- oder Totgeburt endet. „Bei multiplen Aborten liegt eine genetische Ursache nahe, die dann dazu führt, dass kein lebensfähiges Kind heranwächst“, erklärt Heinz Strohmer, Leiter des Wiener Kinderwunschzentrums Goldenes Kreuz, in dem die Neo-Mama behandelt wurde.

Für den Erfolg war eine intensive Vorarbeit nötig. Die Embryologen des Kinderwunschzentrums absolvierten dafür Schulungen im Ausland. Bei der Analyse-Methode, der so genannten Trophoblast­biopsie, handelt es sich um eine aufwendige Technik, die mit Miniaturinstrumenten und einem speziellen Laser-Gerät unter dem Mikroskop durchgeführt wird.

Auch in der Innsbrucker Uniklinik für Gynäkologische Endokrinologie gibt es schon Kandidatinnen, die für eine PID in Frage kommen – der Großteil davon aufgrund einer genetischen Erkrankung. „Wir haben bereits die Embry­onen einiger Patientinnen eingefroren“, sagt Klinikdirektor Ludwig Wildt. Zur genauen Untersuchung müssen diese nun in ein Institut nach England geschickt werden. „Wir warten nur noch auf das endgültige Okay. Es kann aber nicht mehr lange dauern“, betont der Kinderwunsch­experte. Die Genetikabteilung in Innsbruck könne die PID aufgrund fehlender Ressourcen nicht selbst durchführen. Eine solche Untersuchung dauert zwischen vier und acht Wochen. Für betroffene Paare sei die Gesetzesnovelle auf jeden Fall eine Erleichterung, so Wildt.

Die Mutter aus Wien ist jedenfalls überglücklich über die Möglichkeit. Gleichzeitig hofft sie, dass sich die öffentliche Diskussion über diese Techniken zukünftig auf die tatsächlichen Sorgen der Paare, anstatt auf hypothetische, jedoch ohnehin verbotene Szenarien, wie Designerbabys konzentriert. (OTS, nic)