Wahlkarten in Kufstein wurden vorzeitig geöffnet
Der Kufsteiner FP-Beisitzer zeigt vor dem VfGH Verständnis: „Hätte der Bezirkshauptmann getan, was im Gesetz steht, wären wir drei Tage gesessen“. Auch Liezen, Bregenz und Graz-Umgebung standen am Mittwoch am Programm.
Kufstein – Der Verfassungsgerichtshof hat am Mittwoch seine Zeugenbefragungen zur Bundespräsidentenwahl 2016 fortgesetzt. Dabei kamen auch in Tirol Ungereimtheiten zu Tage. So wurde in Kufstein ein Teil der 5.313 Wahlkarten bereits vor dem rechtlich zulässigen Zeitpunkt geöffnet. Das hat Bezirkshauptmann Christoph Platzgummer (ÖVP) am Mittwoch in seiner Aussage vor dem Verfassungsgerichtshof bestätigt. Allerdings fand auch der Beisitzer der FPÖ in der Bezirkswahlbehörde nichts Verwerfliches bei dieser Vorgehensweise.
Laut Bundespräsidentenwahlgesetz dürfen die Wahlkarten frühestens ab 9 Uhr am Montag nach der Wahl geöffnet werden. Tatsächlich begann die Öffnung in Kufstein bereits zwischen 8 und 9 Uhr, bestätigten Platzgummer sowie die Beisitzerin der Grünen. Außerdem wurde die Öffnung nicht durch die Beisitzer überwacht, sondern fand mit einer Maschine im Stockwerk darüber statt.
Platzgummer verweist auf Beschluss der Wahlbehörde
Die Vorgehensweise wurde aber auch vom FP-Beisitzer verteidigt. „Ich halte das Bundespräsidentenwahlgesetz in der jetzigen Form für absolut unvollziehbar. Wenn der Bezirkshauptmann das gemacht hätte, was im Gesetz steht, wären wir drei Tage da gesessen“, sagte der Beisitzer, ein früherer Rechtsanwalt und FP-Politiker. Manipulationsverdacht hegt er nicht: „Ich habe zu allen Persönlichkeiten, die da anwesend waren, so ein Vertrauen, dass ich der Meinung bin, dass es keine Unregelmäßigkeiten gegeben hat.“
Bezirkshauptmann Platzgummer betonte, dass es einen Beschluss der Wahlbehörde gab, bestimmte Vorbereitungsarbeiten für die Briefwahl-Auszählung an die Beamten abzutreten. Ob der Beschluss neben der Aussortierung der nicht korrekt ausgefüllten Wahlkarten auch die Öffnung der gültigen Wahlkarten umfasse, habe man nicht präzisiert. Die Beisitzer waren diesbezüglich unterschiedlicher Meinung: Die Grüne Beisitzerin ging davon aus, dass auch die Öffnung durch die Beamten geplant war, ihr FP-Kollege nicht.
Für Verwunderung sorgte der FP-Beisitzer mit der Begründung, warum er im Wahlprotokoll per Unterschrift bestätigte, dass die Wahlkarten erst ab 9 Uhr geöffnet wurden, obwohl die Öffnung doch früher erfolgte. Es habe sich um einen Vordruck des Innenministeriums gehandelt, sagte der Jurist – und er habe unterschrieben, „weil ich davon ausgegangen bin, dass das Innenministerium das schon richtig gemacht hat“. Richter Georg Lienbacher reagierte erstaunt: „Bei allem Vertrauen zum Innenministerium, aber dass die prognostizieren können, wie der Montag nach dem Wahltag konkret abläuft...“
Bregenzer Wahlleiter beklagt Zeitdruck
Der für die Briefwahl in Bregenz zuständige Beamte hat am Mittwoch Zeitdruck bei der Auszählung beklagt. Damit begründete er auch, dass die Öffnung der Wahlkarten bereits eine Stunde vor dem gesetzlich vorgesehenen Termin begann. Etwa 1.500 der 9.523 Wahlkarten wurden vorzeitig geöffnet.
Zwar verfügte der Bezirkswahlleiter über eine auch von den Beisitzern unterstützte Ermächtigung der Wahlbehörde, die Auszählung der Briefwahlstimmen selbstständig vorzubereiten. Dass diese Ermächtigung auch die Öffnung der Wahlkarten bereits vor dem gesetzlich vorgesehenen Termin durch einfache Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft erlaubt, bezweifelten die Verfassungsrichter.
Der Beamte räumte ein, dass er selbst die Öffnung der Wahlkarten nicht überwachte. Das „Schlitzen“ der Briefwahlkuverts schon vor 9 Uhr zu beginnen, war seiner Darstellung zufolge eine eigenmächtige Entscheidung der zuständigen Mitarbeiterinnen: „Das war ein Gemeinschaftsbeschluss dieser drei Bediensteten, die hatten Zeitdruck.“ Auch er selbst stand demnach unter Druck, das Ergebnis er Briefwahl rasch vorzulegen. Denn Bregenz sei unter den vier letzten Bezirken gewesen und im Nachhinein sei ihm auch von einem Anruf des Innenministeriums berichtet worden: „Ich habe gehört, dass der Minister das Wahlergebnis verlautbaren wollte.“
Liezen für FP-Beisitzer „korrekt“
Die FPÖ hat die Stichwahl wegen zahlreicher Formalfehler bei der Auszählung der Briefwahlstimmen angefochten. In den ersten beiden Tagen hatten sich die Vorwürfe teilweise bestätigt. Den Verdacht der Manipulation des Wahlergebnisses hat allerdings keiner der befragten Zeugen erhoben.
Am Mittwoch standen die Bezirke Liezen, Bregenz, Kufstein und Graz-Umgebung am Programm. Zum Auftakt wurde ein Beisitzer der FPÖ in der Bezirkswahlbehörde Liezen befragt. Laut FPÖ waren die Briefwahlkuverts auch in diesem Bezirk bereits vor Montag 9 Uhr in gültige und ungültige sortiert und geöffnet worden. Der FP-Beisitzer bestätigte im Zeugenstand allerdings nur die Sortierung, nicht aber die vorzeitige Öffnung der Briefwahlkuverts. Seinen Angaben zufolge wurden die Kuverts vielmehr während der Auszählung laufend geöffnet.
Im Gegensatz mehrerer seiner zuletzt befragten Kollegen war der FP-Beisitzer in Liezen bei der Auszählung der Wahlkarten anwesend. Manipulationsverdacht hegt er nicht: „Nein. Aus meiner Sicht war das korrekt.“ Das Protokoll der Sitzung hat er wie zahlreiche andere Wahlzeugen ohne genaue Prüfung unterschrieben: „Das ist meine Unterschrift, aber ich habe das natürlich nicht durchgelesen.“
Die 14 Verfassungsrichter unter dem Vorsitz von Präsident Gerhart Holzinger treiben einen noch nie dagewesenen Aufwand für das Verfahren. Bearbeitet wird der Fall von einem Team aus fünf Richtern unter Leitung von Helmut Hörtenhuber. Der viertägigen öffentlichen Zeugenbefragung diese Woche folgt ein weiterer öffentlicher Verhandlungsblock, in dem kommende Woche auch die Parteienvertreter zu Wort kommen sollen.
Die Zeugenbefragungen am Mittwoch waren bis Mittag angesetzt. Am Nachmittag wollten die Verfassungsrichter in einer internen Beratung die weitere Vorgehensweise erörtern und eine erste Zwischenbilanz ziehen, wie Holzinger zu Beginn der Sitzung ankündigte. (APA, TT.com)