VW-HV - Konzern prüft Schadensersatzansprüche gegen Manager

Frankfurt/Wolfsburg (APA/Reuters/dpa) - Bei der Aufarbeitung des Dieselskandals will Volkswagen Schadensersatzansprüche gegen ehemalige und ...

Frankfurt/Wolfsburg (APA/Reuters/dpa) - Bei der Aufarbeitung des Dieselskandals will Volkswagen Schadensersatzansprüche gegen ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder prüfen. „Der Aufsichtsrat prüft das ohne Ansehen von Personen“, sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Mittwoch auf der VW-Hauptversammlung in Hannover.

Diese Prüfung sei auch unabhängig von einer Entlastung des Vorstandes, um die Pötsch auf dem Aktionärstreffen warb. Auch nach Aufnahme von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen des Verdachts auf Marktmanipulation bleibe der Aufsichtsrat bei seinem Antrag auf Entlastung, erklärte der gebürtige Österreicher. „Ich bitte die Aktionäre, dem Vorstand das Vertrauen auszusprechen.“

Über den aktuellen Stand der Aufklärung des Abgasskandals könne das Unternehmen derzeit aus Rücksicht auf die Verhandlungen mit den US-Behörden über Strafen und Rückrufaktionen nicht informieren, sagte Pötsch weiter. Bei einem Bruch der vereinbarten Vertraulichkeit der Verhandlung gefährde VW seine Position. „Wir gehen davon aus, dass Volkswagen bei einer umfassenden Zusammenarbeit mit dem Department of Justice ein Entgegenkommen bezüglich des Strafmaßes erwarten darf.“

VW-Aufsichtsratsvize, der Gewerkschafter Jörg Hofmann indes rechtfertigte Pötschs Wechsel vom Stuhl des Finanzvorstands an die Spitze des Kontrollrats. Der IG-Metall-Chef sagte, Pötsch sei ohne jeden Zweifel für den Posten qualifiziert und genieße das Vertrauen der Großaktionäre. „Der Aufsichtsrat beabsichtigt, ihn anschließend zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu wählen.“

Was den Rückruf der manipulierten Fahrzeuge betrifft, kommt VW etwas voran. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe die Freigabe für europaweit rund eine Million zusätzliche Fahrzeuge erteilt, sagte VW-Konzernchef Matthias Müller bei der Hauptversammlung. Damit hätten auf dem Heimatkontinent mittlerweile mehr als 3,7 Millionen Diesel grünes Licht für die Nachbesserungen.

Wie zuvor geht es dabei zunächst nur um die 2,0 Liter großen Varianten des Skandalmotors EA189. Die kleineren Maschinen mit 1,2 und 1,6 Litern Hubraum sollen später im Jahr an die Reihe kommen.

Der deutsche Autobauer nähert sich bei dem Rückruf zusehends der Marke der 50 Prozent, denn in Europa sind insgesamt etwa 8,5 Millionen Wagen betroffen. Die Halter der Wagen mit Freigabe werden in den nächsten Tagen angeschrieben und können in die VW-Vertragswerkstätten fahren.

Für Deutschland, wo rund 2,5 Millionen Diesel-Fahrzeuge für die Nachbesserungen zum Rückruf müssen, gilt die Faustformel, dass etwa ein Drittel der bisherigen europaweiten Freigaben auf den Heimatmarkt entfällt. Damit sind hierzulande inzwischen rund 1,2 Millionen Wagen erfasst. VW will den Rückruf bis Ende des Jahres abgearbeitet haben. Es handelt sich in Europa um den bisher größten Rückruf in der Auto-Geschichte. VW hat dafür Milliardensummen zurückgestellt.

Spekulationen über einen möglichen Verkauf der Motorradmarke Ducati erteilte Müller eine Absage. „Zur Mobilität gehören auch Zweiräder. Ich kenne keine Überlegung im Unternehmen, Ducati zu verkaufen“, sagte Müller dem Magazin „auto motor und sport“ in einem am Mittwoch im Voraus veröffentlichten Interview. Auch die spanische Tochter Seat bleibe Teil des VW-Konzerns. „Seat hat sich in den letzten fünf Jahren stetig nach oben entwickelt.“ Immer wieder hatte es Spekulationen gegeben, der Konzern könne wegen der hohen Kosten für die Bewältigung der Abgaskrise Unternehmensteile zu Geld machen.

„Ich rede weniger vom Verkauf von Marken als eher vom Zukauf“, machte Müller in dem Interview deutlich. Dabei liege das Augenmerk vor allem auf dem neuen Bereich Mobilitätsdienste, mit dem Volkswagen Dienstleistungen wie Carsharing und selbstfahrende Autos anbieten will. Dabei wolle VW auch mit den IT-Riesen Apple und Google zusammenarbeiten. „Wir reden miteinander, zur Zeit ohne konkrete Ergebnisse, aber wir werden den Dialog fortsetzen.“ VW wolle bei solchen Kooperationen aber die Zügel in der Hand behalten.

Volkswagen hinkt mit seinem im Rahmen der neuen Strategie 2025 ausgerufenen Engagement für neue Mobilitätsdienstleistungen und der Initiative für Elektromobilität hinter Konkurrenten wie Daimler und BMW her. Für Müller ist das kein Problem: „Wir werden vielleicht nicht die ersten sein, aber vielleicht haben wir dann, wie in der Vergangenheit auch oft, das bessere Angebot.“

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