BP-Wahl: Probleme bei Briefwahl in Graz-Umgebung seit 2013
Wien (APA) - Am dritten Tag in Folge hat der Verfassungsgerichtshof am Mittwoch Zeugen zur Bundespräsidenten-Stichwahl befragt. Zu hören bek...
Wien (APA) - Am dritten Tag in Folge hat der Verfassungsgerichtshof am Mittwoch Zeugen zur Bundespräsidenten-Stichwahl befragt. Zu hören bekamen die Richter um Präsident Gerhart Holzinger zwei Extrembeispiele: Während die Briefwahl in Liezen „exzellent“ (Holzinger) ablief, räumte der Bezirkshauptmann von Graz-Umgebung ein, die gesetzlichen Vorgaben wegen Überlastung seit 2013 nicht exakt einhalten zu können.
In Liezen waren 8.748 Wahlkarten auszuzählen - und die von der FPÖ erhobenen Vorwürfe wurden nicht einmal vom eigenen Beisitzer bestätigt: Mit dem Beginn der Auszählung wurde sogar zugewartet, bis um 9.10 Uhr alle Beisitzer zugegen waren, erst dann wurden die Wahlkarten geöffnet, die darin befindlichen Stimmkuverts entnommen, geöffnet und ausgezählt. An die Landeswahlbehörde gemeldet wurde das Ergebnis erst, als es von der Wahlbehörde formal bestätigt war.
All das ist zwar im Gesetz so vorgesehen, aber keine Selbstverständlichkeit, wie die Zeugenbefragungen zuletzt ergeben haben. „Das ist in ihrem Fall wirklich ganz exzellent abgelaufen“, lobte Holzinger Bezirkshauptmann Josef Dick und fragte gleich bei FP-Anwalt Rüdiger Schender nach, ob die Anfechtung in diesem Bezirk zurückgenommen wird (was dieser erwägen will).
Weiter ging es mit Bregenz und Kufstein. Dort wurden die Wahlkuverts zwar vorzeitig „geschlitzt“ (also maschinell geöffnet) - und zwar ab Montag 8.00 statt 9.00 Uhr - aber immerhin unter Beisein der Beisitzer ausgezählt. Und auch die FP-Vertreter sahen daran nichts Kritikwürdiges. Überhaupt erhob bisher kein einziger FP-Beisitzer den Verdacht, das Wahlergebnis sei manipuliert worden. Und der FP-Vertreter in Kufstein meinte: „Wenn der Bezirkshauptmann das gemacht hätte, was im Gesetz steht, wären wir drei Tage da gesessen.“
In dieselbe Kerbe schlug zum Abschluss des Tages auch der Bezirkshauptmann von Graz-Umgebung. Er räumte ein, schon seit der Nationalratswahl 2013 die gesetzlichen Vorgaben nicht völlig einzuhalten. So wurden die Briefwahlkuverts beim ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl schon am Sonntag „geschlitzt“, bei der Stichwahl sogar schon ab Freitag. Die Auszählung erfolgte ab 7.15, also zwei Stunden zu früh.
Allerdings hatte der Beamte wegen des knappen Ergebnisses explizit bei FPÖ und Grünen um die Entsendung von Beisitzern gebeten - letztlich kamen aber nur zwei Grüne. Bei der FPÖ habe der Bezirksparteichef mitgeteilt, dass niemand Zeit habe, so der Bezirkshauptmann.
Das Abweichen von den gesetzlichen Vorgaben begründete der Beamte mit den zahlreichen Wahlkarten: 15.901 Briefwahlstimmen wurden gezählt. Hätte man das „lege artis“ gemacht, hätte allein das „Schlitzen“ der Kuverts acht Stunden gedauert, so der Bezirkshauptmann. Er sei unter Druck gestanden, rasch zu liefern: „Es war jedem von uns bekannt, dass der Herr Bundesminister ein Ergebnis bekannt geben will und wenn ich nicht fertig bin, ist der Schwarze Peter sicher bei der Behörde.“
Dass die „geschlitzten“ Kuverts bis zu drei Tage in einem (versperrten) Raum der Bezirkshauptmannschaft lagen, ist für den Beamten übrigens kein Problem. Manipulation drohe hier keine, erklärte er den Richtern. Denn in der Praxis lasse sich das in der Wahlkarte befindliche Stummkuvert nicht unbemerkt entnehmen: „Das Kuvert ist geöffnet, aber man sieht, dass niemand drinnen war.“
Beim Wahlabteilungsleiter des Innenministeriums, Robert Stein, stieß der Bezirkshauptmann mit seinen Schilderungen auf Unverständnis. Er versicherte dem Gericht, bis zur Bundespräsidentenwahl nichts von derartigen Unregelmäßigkeiten gewusst zu haben. Wenn das „Schlitzen“ zu lange dauere, müsse man eben eine zweite oder dritte Maschine dafür besorgen, betonte Stein.
Von VfGH-Präsident Holzinger gab es zum Abschluss dennoch lobende Worte für den offenen Erfahrungsbericht des Bezirkshauptmannes, der nicht von seinem Recht gebrauch machte, die Aussage zu verweigern: „Sie haben mir ein klein wenig das Vertrauen ins das Berufsbeamtentum zurückgegeben.“ Fortsetzung am Donnerstag mit dem Villacher Bürgermeister Günther Abel (SPÖ).
http://www.fpoe.at ~ APA382 2016-06-22/14:39