Endlich Frieden? Kolumbiens FARC-Rebellen legen die Waffen nieder

Bogota/Havanna (APA/dpa) - Nach über einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg einigen sich Regierung und FARC-Guerilla auf einen Waffenstillstan...

Bogota/Havanna (APA/dpa) - Nach über einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg einigen sich Regierung und FARC-Guerilla auf einen Waffenstillstand. Frieden in Kolumbien rückt damit in greifbare Nähe. Entscheidend dürfte sein, den früheren Kämpfern eine Zukunftsperspektive zu geben.

In Kolumbien schweigen die Waffen. Nach über 50 Jahren Bürgerkrieg, Folter, Vertreibung und Gräueltaten soll endlich Frieden in dem südamerikanischen Land einkehren. Bei den Verhandlungen in Kuba haben sich die kolumbianische Regierung und die linke Guerillaorganisation FARC auf einen Waffenstillstand geeinigt und damit die letzte Hürde auf dem Weg zu einem Ende des ältesten Konflikts Lateinamerikas aus dem Weg geräumt.

„Nicht mehr Tote und Schrecken für das Vaterland. Heute ist der letzte Tag des Krieges“, schrieben die Unterhändler der FARC am Mittwoch auf Twitter. Carlos Lozada aus der Führungsriege der Rebellen schrieb: „Dass die schreckliche Nacht ende und sich der Weg zu Frieden und Hoffnung öffne.“

Die Guerillakämpfer sollen nun ihre Waffen niederlegen, wie die Unterhändler in Havanna ankündigten. Im Gegenzug garantiert die Regierung die Sicherheit der FARC-Mitglieder. Vor allem sollen die Sicherheitskräfte gegen kriminelle Banden vorgehen, die aus den rechten Paramilitärs hervorgegangen sind und immer wieder Menschenrechtler, Gewerkschafter und Bauern-Aktivisten angreifen.

„Entscheidend wird sein, dass die demobilisierten Guerilleros effektiv geschützt werden“, sagt Adam Isacson vom Forschungsinstitut Wola. „Bei früheren Friedensbemühungen wurden zahlreiche ehemalige Rebellen getötet. Dass könnte den ganzen Prozess entgleisen lassen.“

Die frühere Senatorin Piedad Cordoba, die immer wieder zwischen der Regierung und den FARC vermittelt hatte, schrieb auf Twitter: „Heute ist ein wundervoller Tag. Es lebe Kolumbien.“ Senator Ivan Cepeda rief seine Landsleute zur Versöhnung auf: „Es ist Zeit, den Hass, die Lügen und die Angst zu beenden.“

Am Donnerstag sollten Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und FARC-Kommandeur Rodrigo Londono alias „Timochenko“ das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnen. Zu der Zeremonie in Havanna wurden zudem UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon sowie Vertreter der Garantiemächte Kuba und Norwegen erwartet. Eine Mission der Vereinten Nationen soll die Einhaltung des Waffenstillstands überwachen.

Damit ziehen die Konfliktparteien einen Schlussstrich unter den ältesten Bürgerkrieg der Region. Die FARC hatten bereits vor einem knappen Jahr einen einseitigen Waffenstillstand verkündet. Die kolumbianischen Streitkräfte stellten daraufhin ihre Luftangriffe auf Stellungen der Rebellen ein. Die Intensität des Konflikts ließ dadurch spürbar nach.

In den 1990er-Jahren kontrollierten die FARC noch weite Teile des südamerikanischen Landes. Die Guerilla schuf in ihren Hochburgen einen Staat im Staat, verdiente Millionen mit dem Drogenhandel und fügte den Sicherheitskräften schwere Verluste zu.

Zuletzt wurden mehrere hochrangige Kommandeure getötet und die Einheiten der FARC immer weiter zurückgedrängt. Dennoch gelang es den kolumbianischen Streitkräften nie, die Guerilla militärisch vernichtend zu schlagen.

Der Waffenstillstand galt als letzte Hürde auf dem Weg zu einem Friedensvertrag zwischen Regierung und FARC. Beide Seiten haben sich bereits auf eine Sonderjustiz zur Aufarbeitung der Verbrechen, soziale Entwicklungsprogramme sowie die künftige politische Teilhabe der Guerilla geeinigt.

Entscheidend für einen dauerhaften Frieden in Kolumbien dürfte die erfolgreiche Wiedereingliederung der ehemaligen Rebellen in die Zivilgesellschaft sein. Nach dem Demobilisierung der rechten Paramilitärs Mitte der 2000er-Jahre ging das schon einem gründlich schief: Damals schlossen sich viele Kämpfer kriminellen Banden an, die in Drogenhandel sowie Schutzgelderpressung verwickelt sind und die Bevölkerung terrorisieren.

„Es gibt noch immer Paramilitärismus in Kolumbien, teilweise mit Duldung der Streitkräfte und des Militärs“, sagt Danilo Rueda der kirchlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden. „Wenn das so weiter geht, dürfte es schwierig werden, das Abkommen mit den FARC umzusetzen.“

Die ehemaligen FARC-Kämpfer brauchen vor allem eine Zukunftsperspektive. Viele kennen nichts anderes als den bewaffneten Kampf. „Die Zivilgesellschaft muss von der internationalen Gemeinschaft sowohl finanziell als auch politisch gestärkt werden“, sagt Wola-Analystin Gimena Sanchez. „Die kolumbianische Regierung ist sehr gut im Erlassen von Gesetzen, aber sie hat Probleme bei der Implementierung.“