„Bei Frauenlöhnen an vielen Schrauben drehen“
Wir schreiben 2016. Frauen verdienen in Österreich noch immer 23 Prozent weniger als Männer. Lohntransparenz bringt mehr Gerechtigkeit.
Von Alexandra Plank
Innsbruck –2011 trat eine umkämpfte Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes in Kraft. Unter dem Schlagwort „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ sollten sich die Firmen zu mehr Einkommenstransparenz bekennen. Die Novelle sah die Verpflichtung zu Gehaltsangaben in Stelleninseraten und zur Erstellung von Einkommensberichten vor. Die Annahme war, dass Transparenz das wirksamste Mittel gegen Lohndiskriminierung sei. Die Benachteiligung von Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt ist evident: Mit 23 Prozent sind geschlechtsspezifische Lohnunterschiede sehr hoch. Zudem gibt es ein Ost-West-Gefälle (links).
Dieser Tage wurde eine Studie zur Evaluierung der Maßnahmen auf Einladung der „Frauen im Brennpunkt“ präsentiert. Autorin Elisa Aichinger (Deloitte Consulting) erklärt, dass die Verpflichtung zu Gehaltsangaben in Stelleninseraten von den Firmen 2014 bei knapp 90 Prozent der Anzeigen umgesetzt wurde. Im Jahr des Inkrafttretens der Novelle war das nur bei 50 Prozent der Stellenausschreibungen der Fall. Auch hier zeigt sich, dass die Firmen im Osten Österreichs den Auftrag zur Transparenz ernster nehmen als jene im Westen. Die meisten Firmen nennen aber nur das KV-Mindestgehalt und signalisieren Bereitschaft zur Überzahlung. „Unsere Befragung hat ergeben, dass sich mehr als 40 Prozent der Frauen bei Bewerbungsgesprächen an diesen Angaben orientieren, Männer hingegen nur zu 24 Prozent“, sagt Aichinger.
Damit die Maßnahme greifen könne, sei es unerlässlich, dass auch ein Höchstgehalt angegeben wird. Die zweite Maßnahme, die Erstellung eines Einkommensberichtes – ab 150 Angestellen – ist bei den Arbeitnehmern kaum bekannt. Der Betriebsrat kann Einblick nehmen, unterschiedliche Verdienste von Frauen und Männern dürfen aber nicht nach außen getragen werden. „Diskretion ist in der österreichischen Wirtschaft ein sehr hoher Wert“, sagt die Autorin. Obwohl noch nicht der große Wurf gelungen sei, sei auch diese Novelle ein wichtiger Schritt. Für das Ziel „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse aber an vielen Hebeln gedreht werden, schließt die Expertin.
Tirols Unternehmer betonen indes, dass viel in Sachen Gleichberechtigung passiere. Ingeborg Freudenthaler sagt, dass Mitarbeiter nach Aufgaben- und Verantwortungsbereich bezahlt werden – gleich ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Leider könne sie nur mit wenigen Frauen aufwarten (neun von 52). „Die Kundenberatung ist intern weiblich besetzt, die Sekretariate sowie das Verwiegebüro. Wir haben auch eine Chemikerin. Im gewerblichen Bereich sind wir rein männlich – das liegt daran, dass es sich um schwere Arbeiten handelt“, so die Chefin.
Auch bei den Thöni Industriebetrieben ist – wie bei anderen techniklastigen Produktionsunternehmen – der Frauenanteil niedrig. Das Unternehmen bemühe sich seit Jahren Frauen stärker für technische Aufgaben zu begeistern, sagt Firmenboss Arthur Thöni. „Wir laden Schulklassen ein, bieten Praktika und Schnuppertage auch für Mädchen. In unserer Lehrwerkstätte versuchen wir, verstärkt weibliche Lehrlinge auszubilden, bis dato mit überschaubarem Erfolg.“ So liegt der Frauenanteil derzeit zwischen 10 und 15 Prozent. Thöni will sich weiter um die Frauen bemühen, merkt aber an, dass sich auch die Rollenbilder ändern müssten.