Fußball-EM-Trends: Torflaute, Abschlussschwäche und Top-Neulinge
Paris (APA/dpa) - Tormangel, Abschlussschwäche, starke Debütanten und nicht immer dominante Favoriten haben die Gruppenphase der Fußball-EM ...
Paris (APA/dpa) - Tormangel, Abschlussschwäche, starke Debütanten und nicht immer dominante Favoriten haben die Gruppenphase der Fußball-EM in Frankreich geprägt. Vor dem Start in die K.o.-Phase verrät ein Blick auf die statistische Auswertung der Gruppenspiele, warum Portugals Superstar Cristiano Ronaldo zeitweise verzweifelt und weshalb Weltmeister Deutschland das neue Spanien ist.
TORFLAUTE: Gleich vier Nullnummern, so wenig Tore im Schnitt wie noch nie in einer Gruppenphase. Die Maxi-EM steuert auf einen Mini-Wert zu. Nicht einmal zwei Treffer fielen pro Partie in der Gruppenphase: Nur 1,92 gab es im Schnitt (69 in 36 Partien). Der bisherige Tiefstwert für eine Europameisterschaft von 1,4 bei der EM 1968, bei der nur fünf Spiele stattfanden, bleibt unangetastet. Doch bereits der zweitniedrigste Wert von 1,93 bei der EM 1980 wackelt. EM-Debütant Wales und Österreich-Konkurrent Ungarn waren mit jeweils sechs Toren überraschend die treffsichersten Teams. Erstmals seit Dänemark 2000 blieb ein Team (Ukraine) mit null Toren und Punkten komplett erfolglos.
ABSCHLUSSSCHWÄCHE: Erst mit dem 24. Schuss beendete Cristiano Ronaldo doch noch seine trefferlose Leidenszeit bei dieser EM. Insgesamt 32. Mal peilte der portugiesische Superstar in der Gruppenphase das Tor an - fast doppelt so oft wie das gesamte Team aus Nordirland (17) und mehr als sieben weitere komplette Teams in drei Spielen. 69 Schüsse brauchte Portugal für seine vier Tore und war damit immerhin noch effizienter als England (65 Schüsse/3 Tore) oder Deutschland (59/3). Österreich (40/1) kam in dieser Wertung nur auf den vorletzten Platz vor der Ukraine (43/0). Als Meister der Effizienz erwies sich EM-Neuling und ÖFB-Gegner Island, der nur 21 Schüsse für seine vier Tore benötigte.
KOPFSACHE: Der Trend zum Kopfballtor nimmt wieder ab. Wurde vor vier Jahren noch knapp jeder dritte Treffer per Kopf erzielt (29 Prozent), waren es nun nur noch 20 Prozent.
TURNIERFAVORIT?: Keiner der Titelanwärter wusste in der Gruppenphase zu überzeugen. Beleg: Zum ersten Mal seit 1996 erreichte kein Team das Maximum von neun Punkten in der Gruppenphase.
TOP-NEULINGE: Erstmals seit 20 Jahren überstand überhaupt wieder ein Neuling die Vorrunde - und dann kommen gleich vier der fünf Debütanten ins Achtelfinale: Wales, Island, Slowakei und Nordirland. Einzig Albanien scheiterte als schlechtester Gruppen-Dritter.
BALLDOMINANZ: Deutschland ist das neue Spanien. Hatte der Titelverteidiger 2012 sowohl in der Ballkontrolle als auch den angekommenen Pässen dominiert, kommt das Team von Joachim Löw seinem Rivalen schon sehr nah. Beim Ballbesitz liegt Deutschland (66 Prozent) als Top-Team schon deutlich vor Spanien (61). Weit vor allen anderen Mannschaften kommen bei der DFB-Elf auch ähnlich viele Pässe an (1.794) wie bei den Iberern (1.876). Nur diese beiden Teams finden mit mehr als 90 Prozent aller Anspiele ihr Ziel. Österreich war mit 84 Prozent (1.153 von 1.367) die Nummer acht. Bei Zuspielen im Angriffsdrittel ist Deutschland top. Weltmeister Toni Kroos brachte die meisten Pässe der ganzen Vorrunde an den Mann (328), nur gut hundert weniger als das gesamte Team von Achtelfinalist Nordirland (432). Österreichs Topmann war Julian Baumgartlinger, der auf eine Erfolgsquote von 90 Prozent (159 von 177) kam.
MARATHON-MANN: Vladimir Darida fehlten weniger als fünf Kilometer zu seinem persönlichen EM-Marathon. Der Tscheche legte bei drei Auftritten insgesamt 37,4 Kilometer zurück - über zwei Kilometer mehr als der nächstbeste Spieler.
RÜCKHALT: Cristiano Ronaldo brachte er schier zur Verzweiflung - und auch sonst war Hannes Halldorsson einer der isländischen Erfolgsgaranten. Mit 19 Paraden führte der 32-Jährige ganz klar die Rangliste der Tormänner an.
ABWEHRTURM: Diese Ungefährlichkeit der Kontrahenten von Weltmeister Deutschland lag maßgeblich auch an Abwehrchef Jerome Boateng. Der Innenverteidiger eroberte 35 Bälle vom Gegner - Spitzenwert der kompletten Gruppenphase. Ähnlich gut setzte sich auch sein Nebenmann Mats Hummels in Szene, der bei nur zwei Auftritten 22-mal den Ball sicherte. Kein Wunder, dass die Deutschen als einziges Team neben ihrem Gruppengegner Polen noch ohne Gegentor bei dieser Endrunde sind.