Internationale Pressestimmen zum Brexit
London (APA/dpa) - Internationalen Tageszeitungen schreiben am Freitag zur Brexit-Abstimmung in Großbritannien:...
London (APA/dpa) - Internationalen Tageszeitungen schreiben am Freitag zur Brexit-Abstimmung in Großbritannien:
„Dagens Nyheter“ (Stockholm):
„Was wir erleben, ist ein politisches Erdbeben, von dessen Folgen wir nur den Anfang gesehen haben. Als das Ergebnis in der Nacht klar wurde, reagierten die Märkte mit Lichtgeschwindigkeit. Das britische Pfund fiel, genauso die asiatischen Börsen. Ob dies ein Lehman Brothers-Moment ist, der eine große globale Krise auslöst oder nur ein begrenzter Kollaps, weiß niemand. (...) Dies ist ein tragischer Moment für alle, die ein offenes, demokratisches Europa erhalten wollen, das durch Zusammenhalt gekennzeichnet ist. Das Dramatischste ist eingetreten. Mögen die Folgen für die Welt so glimpflich wie möglich sein.
„Aftenposten“ (Oslo):
„Großbritanniens Rückzug ist eindeutig eine Krise vom schlimmsten Kaliber. Krisentreffen werden folgen. Das Ende ist ungewiss. (...) Aber diese Krise ist auch eine Chance, die Partnerschaft wieder neu zu erfinden, einen Neustart zu machen, zu definieren, was die Europäische Union wirklich sein soll. Eine knappe britische Mehrheit in der EU hätte nicht die gleichen Chancen geschaffen, sondern nur zu einer Fortsetzung des Streits bis zu einer vielleicht größeren Katastrophe geführt.“
„La Republique des Pyrenees“ (Tarbes):
„Liebe englische Freunde, zögert nicht, verlasst Europa! Lange habt ihr die ‚wunderbare Isolation‘ der europäischen Idee vorgezogen. Also, wählt den Brexit, auch wenn er nicht in eurem Interesse ist, denn ihr werde ganz allein sein. Wegen des Wertverfalls des Pfund werdet ihr eine Inflation erleiden (...). Löst die Leinen und befreit uns von einer Last - von euch. Das politische Europa, das ihr nicht mögt, ist so machtlos geworden, dass es einen wirklichen Elektroschock benötigt, den euer Abschied hoffentlich bringen wird. (...) Also, die Herren Engländer: Haut ab - und gute Reise!“
„Hospodarske noviny“ (Prag):
„In dem Moment, in dem der Einfluss der USA nachweisbar schwächer wird und Russland im Gegenzug sein retro-bolschewistisches Imperium schlau aufbaut - ganz zu Schweigen von den verdächtigen chinesischen Ambitionen in Zentraleuropa - hat die europäische Integration einen Faustschlag direkt ins Gesicht bekommen. Es wäre jedoch dumm, darüber nur zu weinen und sich aus Schreck die Haare auszureißen. Großbritannien muss jetzt auch eine Ohrfeige bekommen - von uns, die in der EU weitermachen wollen. Konkret in Form des Unwillens, sofort mit ihm über neue Verträge, die die alten Maastricht- und Lissabon Verträge ersetzen, sofort zu verhandeln beginnen. Mögen die Briten einfach jetzt in ihrer Freiheit baden!“
„Mlada fronta Dnes“ (Prag):
„Erschütternd ist vor allem, dass der Ausgang weder durch schlechtes Wetter noch durch eine geringe Wahlbeteiligung verursacht wurde (...) Dieses Ergebnis kann man kaum anders interpretieren, als die Erteilung der schlechtesten Note für die gegenwärtige Form der europäischen Integration (...) Die Schuld kann man vor allem im Mangel an Selbstreflexion der gegenwärtigen europäischen Eliten suchen. Einen Tag nach dem Referendum planen die Herren Juncker, Schultz und Tusk ein gemeinsames Treffen. Die politische Kultur sollte ihnen im Grunde genommen befehlen, ihre Ämter anzubieten. Sie können sich aber weiterhin hinter der Auffassung verstecken, dass der Rest der EU jetzt eine klare Führung für die Verhandlungen mit Großbritannien über die Bedingungen seines Austrittes brauche.“