Brexit - IHS-Experte: Zeche zahlen die kleine Leute in Großbritannien
Wien (APA) - „Die Zeche werden die kleine Leute in Großbritannien zahlen“, sagte IHS-Politikexperten Johannes Pollak nach dem positiven Ausg...
Wien (APA) - „Die Zeche werden die kleine Leute in Großbritannien zahlen“, sagte IHS-Politikexperten Johannes Pollak nach dem positiven Ausgang der gestrigen Brexit-Abstimmung am Freitag zur APA. Die Leute seien einer Scharlatanerie aufgesessen, die für ihn nicht nachvollziehbar sei. Schuld daran seien britische Politiker wie UKIP-Chef Nigel Farage aber auch Labour-Chef Jeremy Corbin.
Corbin sei eine Katastrophe für die Labour-Partei gewesen, so Pollak, das zeige sich allein am Ausgang der Brexit-Abstimmung in Nordost-England, wo praktisch alle für den Brexit gestimmt hätten.
„Ich erwarte mir für Großbritannien massive Schwierigkeiten wirtschaftlicher Natur“, sagt Pollak. Für Europa werden die Auswirkungen dagegen verkraftbar sein. „Das was die Briten wollten, werden sie nicht bekommen“, glaubt Pollak. Was sie nämlich bräuchten, wäre der Zugang zum europäischen Markt.
Aber auch für die europäische Sicherheits- und Außenpolitik sei der Wahlausgang ein Schlag, auch für die britische - und auch für die Finanz- und Kapitalmärkte.
Pollak erwartet aber keinen Dominoeffekt, kein Übergreifen der Austrittswelle auf andere EU-Länder. Die Staats- und Regierungschefs der EU müssten jetzt aber verstehen, dass sie endlich reagieren müssten, und nicht mehr Politik betreiben könnten, wie bisher. Es müsse klar gemacht werden, dass die EU handlungsfähig sei, es müsse zu einer tiefergreifenden Reform der EU-Kommission kommen als bisher. Es gehe nicht, dass die Staats- und Regierungschefs von der Kommission Dinge verlangen, für die sie keine Kompetenzen habe. „Solange nicht einmal der Reisezirkus zwischen Brüssel und Straßburg gelöst werden kann, solange werden die Leute sagen: was bringt mir die Union“, so Pollak.
Pollak geht davon aus, dass sich alleine die Austrittsverhandlungen langwierig gestalten werden. Über die künftigen Beziehungen werde man kaum parallel, sondern erst danach verhandeln. „Ich erwarte sehr, sehr langwierige Verhandlungen“, so der IHS-Politikexperte.
Nach dem Austritt wäre Großbritannien etwa in derselben Situation wie Norwegen oder die Schweiz: „Alles was dort gekocht wird, müssen sie essen, ohne mitkochen zu dürfen“. Alles an EU-Regelungen müsse nachvollzogen werden, sie dürften dabei aber nicht mitbestimmen.
„Ich erwarte mir auch, dass innerhalb dieser zwei Jahre die britische Wirtschaft derartige Schwierigkeiten haben wird, dass sich die Stimmung auch wieder drehen kann“, so Pollak. Dann müssten die Briten aber einen neuen Antrag stellen - draußen sei draußen.