Tanzsommer: Wunderbare Wanderlust
Poetische Dynamik: Das Hessische Staatsballett läutete am Donnerstag den womöglich letzten Innsbrucker Tanzsommer ein.
Von Christiane Fasching
Innsbruck –Die 22. Auflage des Innsbrucker Tanzsommers begann mit einer kleinen Panne. Josef Reschs Rednerpult wollte sich zunächst nicht in die richtige Position bugsieren lassen – und auch die ans Premierenpublikum gerichteten Begrüßungsworte wirkten irgendwie deplatziert. Der Tanzsommer-Veranstalter rückte die Diskussion um die ungewisse Zukunft seines Events – die TT berichtete – ins Zentrum. Blieb aber die Auskunft schuldig, ob nun im nächsten Jahr wieder im Congress getanzt wird oder nicht. Resch: „Am Ende wird das die Politik entscheiden.“ Dafür gab’s zaghaften Applaus.
Tosender Beifall war mehr als zwei Stunden später dann den Tänzern des Hessischen Staatsballetts vergönnt, die den Auftaktabend mit einem dreiteiligen Programm bestritten, das unter dem Schlagwort „Weltenwanderer“ stand und von den Choreographen Itzik Galili, Edward Clug und Marco Goecke konzipiert worden waren. Die drei Stücke – „A Walk Above“, „Ssss ...“ und „Suite, Suite, Suite“ – hatten im Jahr 2015 am Staatstheater Darmstadt Premiere gefeiert und nahmen die Zuschauer auf eine dynamisch-poetische Reise mit, die in traumwandlerische Welten führte, wo Körper die Worte ersetzen. In Itzik Galilis Eröffnungsstück „A Walk Above“ wechselten sich ergreifende Solotänze mit neckischen Pas de deux ab und gaben Kompositionen von Arvo Pärth, Georg Friedrich Händl, Antonio Vivaldi, Wolfgang Amadeus Mozart und Erik Satie den berührenden Ton an. Wummernde Bässe, die wie Donnergrollen anmuteten, verknüpften die sphärischen Geschichten – am Schluss regnete es Blumen vom Bühnenhimmel. Bezaubernde Flower-Power.
Vier Nocturnes von Frédéric Chopin bildeten in Edward Clugs Stück „Ssss ...“ den musikalischen Rahmen für einen gleich zarten wie leidenschaftlichen Tanz um die Liebe, der von einem Live-Klavierspiel begleitet wurde. Neckisch und sehnsuchtsvoll wurde da gebuhlt und gebalgt, dass es eine Freude war – ein Teil des Premierenpublikums bekam das aber gar nicht mehr mit. Nach der ersten Pause hatten sich die Reihen bereits etwas gelichtet. Und somit versäumten die zu früh Gegangenen auch Marco Goeckes von Johann Sebastian Bach untermaltes Finale namens „Suite, Suite, Suite“, in dem die Möglichkeiten der Körpersprache raffiniert ausgelotet wurden. Mit ihren Füßen und Nasen (!) kreierten die Tänzer eine rhythmische Geräuschkulisse, die einen modernen und erfrischen-amüsanten Gegenpol zu Bachs Orchestersuite bot. Tänzerisch das wohl spannendste Stück eines anspruchsvollen Abends mit wunderbar-wandelbaren Momenten.