Brexit - Nowotny erwartet rationale Reaktionen erst am Montag

Wien/Frankfurt (APA) - Börsen und Finanzmärkte sind heute von der Brexit-Entscheidung der Briten überrascht worden, was zu heftigen Ausschlä...

Wien/Frankfurt (APA) - Börsen und Finanzmärkte sind heute von der Brexit-Entscheidung der Briten überrascht worden, was zu heftigen Ausschlägen der Wechselkurse und Aktienmärkte geführt hat. Schon nach einigen Stunden sei aber eine Stabilisierung zu beobachten. Man sollte den Montag abwarten, denn bis dahin würden sich Banken und Händler ihre Strategien überlegen, empfiehlt OeNB-Chef Ewald Nowotny.

Wirtschaftlich dürfte sich der Brexit in Österreich nur wenig auswirken. Nowotny verwies im Gespräch mit der APA auf eine Untersuchung der Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P), wonach Österreich unter allen Ländern mit einem Handelsüberschuss gegenüber Großbritannien vom Brexit am wenigsten betroffen sei. Kriterien waren Export, Finanzmarkt, Auslandsinvestitionen und Migration. Demnach werden Irland, Malta und Luxemburg (wegen der Finanzmarktverflechtung) am stärksten betroffen sein. Österreich hinter Italien und Ungarn am wenigsten. Indirekt werde aber auch Österreich den Brexit zu spüren bekommen - wenn etwa österreichische Bankaktien verlieren, obwohl sie mit dem Brexit kaum etwas zu tun haben, erinnerte Nowotny.

Grundsätzlich sei aber „die politische Seite viel gravierender als die wirtschaftliche“, meint Nowotny.

„Die EZB hat keinerlei Anlass, einem Land außerhalb der Eurozone entgegen zu kommen - noch weniger einem Land außerhalb der EU“, so Nowotny zur Rolle der Zentralbank gegenüber den Briten. Bei einem früheren Konflikt über die Liquiditätsversorgung von Clearinghäusern habe der EuGH zwar noch im Interesse der Binnenmarktstabilität für Großbritannien geurteilt - aber das würde künftig wegfallen. In die politischen Verhandlungen mische sich die EZB zwar nicht ein, sobald es aber um die Finanzmärkte oder Banken gehe, werde die EZB eingebunden sein.

Heute sind Börsenindizes von DAX bis zum ATX eingebrochen, Aktien britischer Banken fielen kurzfristig um bis zu 40 Prozent. Auch die Österreichischen Bankaktien mussten Verluste hinnehmen, erholten sich aber rasch wieder. Die kurzfristigen Ausschläge hätten mit Aktivitäten asiatischer Händler zu tun gehabt, so Nowotny. Bei den Wechselkursen fiel vor allem die Aufwertung von dänischer Krone und Schweizer Franken auf. Die Schweizer Nationalbank hat aber interveniert, um den Franken zu drücken - eine gewisse Absicherung auch für österreichische Häuslbauer, die einen Franken-Kredit haben.

Bei den Staatsanleihen sehe man „eine Flucht zur Qualität“, so Nowotny. In Deutschland, Österreich oder den Niederlanden seien die Kurse gestiegen, in den Südländern gefallen.

~ WEB http://www.oenb.at/

http://www.ecb.int ~ APA378 2016-06-24/12:42