Brexit - Kurz will nach „Erdbeben“ eine EU-“Kompetenzbereinigung“
Luxemburg (APA) - Nach dem EU-Austrittsvotum der Briten hat sich Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) für eine „Kompetenzbereinigung“ in der E...
Luxemburg (APA) - Nach dem EU-Austrittsvotum der Briten hat sich Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) für eine „Kompetenzbereinigung“ in der EU ausgesprochen. Die EU müsse noch stärker in den „großen Fragen“ wie einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik werden, sagte Kurz am Freitag in Luxemburg.
Andererseits will Kurz eine EU, „die sich gleichzeitig auch in kleineren Fragen zurücknimmt und Nationalstaaten und Regionen entscheiden lässt. Diese Kompetenzbereinigung sind Projekte, die man jetzt angehen mus.“ Die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien seien nunmehr die kleinere Aufgabe, so Kurz. Die größere liege in der Weiterentwicklung der EU.
„Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass es eine tief gehende Veränderung gibt, und dass diese Veränderung auch schnell stattfindet, denn die Unzufriedenheit, die wir in Großbritannien erlebt haben, gibt es ja leider Gottes auch anderswo“, sagte der Minister. Dies gelte insbesondere, wenn Europa nicht imstande sei, große Krisen wie die Migrations- und Flüchtlingskrise zu lösen. Dies sei auch das Hauptthema der britischen Austrittsbefürworter gewesen.
„Es braucht eine Weiterentwicklung. Jeder, der pro-europäisch ist, muss auch ein Treiber dieser Weiterentwicklung sein“, forderte Kurz. Eine EU-Vertragsänderung sollte man jetzt nicht ausschließen, „sondern man sollte eine Diskussion ohne Tabus starten“, sagte er.
Kurz: „Ich glaube dass das, was wir in Großbritannien erlebt haben, ein Erdbeben für ganz Europa ist.“ Daher sollten alle daran arbeiten, Europa zu verbessern.
Der Außenminister fürchtet sich nach eigenen Worten nicht vor weiteren Referenden, „ganz im Gegenteil. Wir müssen schlicht und ergreifend dafür arbeiten, dass es eine breite Zustimmung zur Europäischen Union gibt“. Es sei nicht gut, „wo den Deckel draufzuhalten oder Dinge schönzureden“. Man müsse ordentlich an einem starken und handlungsfähigem Europa arbeiten, „dann wird auch die Zustimmung zur Europäischen Union wieder deutlich steigen“.
Auf einen möglichen Zerfall des Vereinigten Königreichs angesprochen, sagte Kurz, es sei bekannt, dass Schottland anders gestimmt habe. „Dass das Referendum definitiv auch dramatische innenpolitische Konsequenzen für Großbritannien haben wird, das wissen wir auch, aber das ist Sache Großbritanniens.“
Ob sich die österreichische EU-Ratspräsidentschaft durch einen Ausfall Großbritanniens um ein halbes Jahr auf 2018 vorverlege, sei „im Moment nicht die wichtigste Frage“. Dazu gebe es verschiedene Denkansätze. „Entweder wir werden ein halbes Jahr vorgezogen, oder es werden andere Staaten länger die Präsidentschaft ausüben und es ändert sich dadurch im Kalender für andere weniger.“