Brexit - Deutsche Autoindustrie warnt vor Zollschranken

Frankfurt (APA/Reuters) - Die deutsche Autoindustrie sorgt sich nach dem Votum für einen EU-Austritt Großbritanniens über Handelsbarrieren z...

Frankfurt (APA/Reuters) - Die deutsche Autoindustrie sorgt sich nach dem Votum für einen EU-Austritt Großbritanniens über Handelsbarrieren zu ihrem weltweit größten Exportmarkt. „Nach einem EU-Austritt sollte niemand Interesse daran haben, mit Zollschranken zwischen Großbritannien und dem Festland den internationalen Warenverkehr zu verteuern“, mahnte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, am Freitag.

Europa müsse jetzt alles dafür tun, den ungehinderten Waren- und Dienstleistungsverkehr aufrecht zu erhalten. Die Branche rechnet mit einer längeren Phase der Unsicherheit. Die EU rief der Verband zu einer besseren Regulierung auf.

Das Vereinigte Königreich ist das größte Zielland für Autoexporte aus Deutschland mit gut 820.000 Auslieferungen im vergangenen Jahr. Und etwa jedes zweite exportierte Auto aus Großbritannien geht an Abnehmer in der EU. Die deutsche Autoindustrie hat rund 100 Produktionsstandorte in Großbritannien. China und die USA sind für die deutschen Autobauer weitaus größere Märkte, dort produzieren sie die Fahrzeuge aber zunehmend vor Ort, statt sie aus Deutschland einzuführen.

BMW und der weltweit größte Zulieferer Bosch sind besonders stark mit eigener Produktion auf der Insel vertreten. Der Münchner Autobauer betreibt an seinem viertgrößten Markt von allen drei Konzernmarken - BMW, Mini und Rolls-Royce - Werke. BMW erklärte, die Folgen des EU-Austritts seien noch nicht absehbar. „Klar ist, dass nun eine Phase der Unsicherheit beginnt“, ergänzte das Unternehmen.

Auch die Opel-Schwester-Marke Vauxhall stammt aus Großbritannien. Die General-Motors-Tochter erklärte, es sei wichtig, dass das Land im Europäischen Wirtschaftsraum bleibe. In diesem haben sich die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein dem EU-Binnenmarkt angeschlossen. Für den Autozulieferer Bosch ist Großbritannien nach Deutschland der zweitgrößte europäische Markt mit 3,7 Mrd. Euro Umsatz 2015, sieben eigenen Produktionsstandorten und 5.300 Mitarbeitern. „Wir haben derzeit keine Pläne, unsere Investitionen in Großbritannien zurückzufahren“, erklärte Bosch-Chef Volkmar Denner.

Analysten haben die Folgen des Brexit für die Autobranche im kommenden Jahr bereits kalkuliert. So erwarten die Experten der Deutschen Bank einen Rückgang des britischen Automarktes - der zweitgrößte in Europa - um zehn Prozent, da die Preise mit dem schwächeren Pfund steigen. Das könne beim Marktführer Volkswagen und bei BMW den operativen Gewinn um acht Prozent drücken, bei Daimler wären es fünf Prozent. Das Analysehaus Evercore ISI erwartet in Großbritannien einen Rückgang der Autoverkäufe um 14 Prozent. Das bedeute für Volkswagen rund 2 Mrd. Euro oder gut 14 Prozent weniger Vorsteuergewinn, bei BMW zehn Prozent und bei Daimler sechs Prozent.