Brexit - Briten in Österreich: „Angst vor Dominoeffekt“

Wien/London (APA) - Wie von der APA befragte Auslandsösterreicher in Großbritannien sind auch in Österreich lebende Briten schockiert, dass ...

Wien/London (APA) - Wie von der APA befragte Auslandsösterreicher in Großbritannien sind auch in Österreich lebende Briten schockiert, dass die Bürger im Vereinigten Königreich am Donnerstag für den EU-Austritt gestimmt haben. Sie fürchten weitreichende Konsequenzen.

Die Entscheidung werde sehr weite Kreise ziehen, meint etwa Kay Fisher, die seit 1998 in Österreich lebt und als Abteilungsleiterin arbeitet. Schottland drohe, sich abzuspalten, die Ruhe in Nordirland wackle womöglich. „Nun wollen vielleicht andere europäische Länder folgen und die ganzen Bemühungen von Jahrzehnten sind dahin. Ich habe Angst vor einem Dominoeffekt“, fürchtet Fisher.

Sie verstehe zwar, dass viele Briten die Regierung für den harten Sparkurs abstrafen wollten. Persönlich ist sie aber enttäuscht vom Wahlergebnis und macht sich große Sorgen. Zusätzlich zur dräuenden politischen Unruhe „deuten die ersten Reaktionen der Finanzmärkte auch noch auf ein mögliches finanzielles Chaos hin“.

Fisher sieht Millionen von Briten, die im EU-Ausland leben, genauso unmittelbar vom Brexit betroffen wie alle in Großbritannien lebenden EU-Ausländer. „Können wir bleiben? Unter welchen Auflagen? Wie ändern sich unsere Rechte? Es gibt noch keine Antworten. Das wird noch viele schlaflose Nächte bringen“, fürchtet Fisher.

„Warum lernen wir nicht aus unseren Fehlern der Vergangenheit?“, fragt sich Andrew Simpson-Parker. „Meine beiden Großväter haben im Zweiten Weltkrieg gekämpft, um aus Europa eine freie, unabhängige Gemeinschaft zu machen. Mit dem Votum für Brexit haben ihre Kinder und Enkel erneut den Nationalismus ganz oben auf die Polit-Agenda katapultiert - die unvermeidliche Folge ist Krieg“, konstatiert der Kaufmann. „Das ist eine Lose-Lose-Situation für jeden in Europa.“

„Komplett schockiert“ ist Schauspieler Alan Burgon. Er sorgt sich um seine Familie, die in Großbritannien lebt. „Ich bin stolz, Schotte zu sein“, denn in Schottland habe die überwiegende Mehrheit für den Verbleib Großbritanniens in der EU gestimmt.

Der 35-jährige Software-Entwickler Neil Ebrey hatte am Freitag erstmals ein Gefühl der Wertschätzung dafür, dass er als Brite in Wien in die Arbeit fahren kann. Gleichzeitig sei er enttäuscht gewesen, denn die künftige Generation von Briten werde wohl nicht mehr die gleiche Bewegungsfreiheit haben.

Unter Schock steht auch der Banker Garry March, der seit siebeneinhalb Jahren in Österreich lebt. „Aus finanzieller Sicht ist ein Brexit verrückt. Persönlich weiß ich nicht, was passieren wird.“