Frankfurter Börse
Frankfurt am Main (APA/dpa-AFX) - Das überraschende „Ja“ der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union (EU) hat die Anleger am deutsche...
Frankfurt am Main (APA/dpa-AFX) - Das überraschende „Ja“ der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union (EU) hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Freitag kalt erwischt. Nach einem Kursbeben legte sich im Handelsverlauf europaweit und auch hierzulande zwar die erste Panik - am Abend stand für den deutschen Leitindex DAX aber immer noch ein Abschlag von 6,82 Prozent auf 9.557,16 Punkten auf der Anzeigetafel. Die Notenbanken signalisierten angesichts des Brexit-Votums Handlungsbereitschaft.
Kurz nach dem Handelsstart war der Leitindex noch um rund 10 Prozent oder gut 1.000 Punkte eingebrochen und auf den tiefsten Stand seit Februar gefallen. Solch massive Verluste hatte es das letzte Mal während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegeben. Ursprünglich hatten die Anleger auf einen Verbleib der Briten in der EU spekuliert, was den Aktienmarkt zuvor seit Wochenbeginn kräftig angetrieben hatte. So blieb unter dem Strich auf Wochensicht ein kleineres Minus von 0,77 Prozent im DAX übrig.
Der MDAX der mittelgroßen Konzerne sank am Freitag bis Börsenschluss um 4,54 Prozent auf 19.828,60 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDAX büßte 3,35 Prozent auf 1.586,67 Punkte ein. Aus der gesamten DAX-Familie von DAX, MDAX, TecDAX und SDAX gab es nur fünf Aktien im Plus.
Die unerwartete Entscheidung für einen Brexit habe für große Unsicherheit gesorgt und entsprechend heftige Marktreaktionen bis hin zu einem „Schock“ ausgelöst, hieß es am Markt. Im Laufe des Tages hätten aber bereits erste Schnäppchenjäger zugeschlagen.
Gleichzeitig flüchteten viele Investoren in als sichere Häfen geltende Anlagen wie Gold und Anleihen, aber auch der Schweizer Franken und der japanische Yen hoben ab. Im Gegenzug fiel das britische Pfund zeitweise auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren, konnte sich hiervon bis zum Abend aber etwas erholen. Auch der Euro kam stark unter Druck: Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,1066 Dollar fest, nachdem es am Donnerstag noch 1,1389 Dollar waren. Der Dollar kostete damit 0,9037 nach 0,8780 Euro.
Die Experten der Privatbank MM Warburg kommentierten, Europa befinde sich derzeit potenziell in einer ähnlich kritischen Situation wie zum Höhepunkt der Euro- oder der Griechenlandkrise. Die Wahrscheinlichkeit sei erhöht, dass die starken Schwankungen an den Märkten anhalten dürften, schätzten die Analysten.
Führende Notenbanken kündigten aber bereits vor dem Wochenende an, gemeinsam die Finanzmärkte beruhigen zu wollen. Die britische Notenbank stellte 250 Milliarden Pfund zur Stützung der Märkte in Aussicht. Auch die EZB und die japanische Notenbank betonten ihre Handlungsbereitschaft. Die Schweizerische Nationalbank schritt umgehend zur Tat und griff am Devisenmarkt ein.
Als größte Leitragende eines Brexit gelten die Banken, deren Kurse entsprechend am Freitag europaweit einbrachen. Anteilsscheine von Deutsche Bank und Commerzbank standen am DAX-Ende mit einem Verlust von 14,13 Prozent beziehungsweise 12,99 Prozent.
Die Papiere der Deutschen Börse büßten 9,26 Prozent ein, und auch in London sackten die Aktien des britischen Börsenbetreibers LSE deutlich ab. Trotz des Brexits wollen die beiden Konzerne an ihrem Fusionsplan festhalten. Da allerdings der rechtliche Sitz des Gemeinschaftsunternehmens London sein soll, wird das Vorhaben am Finanzmarkt zunehmend kritisch gesehen.
~ ISIN DE0008469008 ~ APA665 2016-06-24/18:35