Internationale Pressestimmen zum Brexit 2
London (APA/dpa) - „El Pais“ (Madrid):...
London (APA/dpa) - „El Pais“ (Madrid):
„Der Austritt Großbritanniens hat gezeigt, dass es für den Nationalismus keinen besseren Nährboden gibt als die Angst und den Groll. Europa wurde von der letzten Wirtschaftskrise stark erschüttert und hat sich davon nicht erholt. Die EU wurde so zu einer perfekten Zielscheibe für all jene, die ihre Frustrationen und Ängste abladen wollen, die sich bei ihnen in schweren Zeiten angesammelt hatten.
Viele Briten stimmten für den Brexit in dem Glauben, dass ihr Land dadurch die Macht des Imperiums zurückerlangen würde. Sie werden vielleicht sehr rasch einsehen, dass das Land schwächer geworden ist. Denn es gibt Zonen - Schottland, Nordirland, Gibraltar? -, die sich mit der neuen Lage nicht anfreunden können.“
„Lidove noviny“ (Prag):
„Debatten darüber, ob die Briten rational oder eher emotional abgestimmt haben, haben keinen Sinn. Die Bewohner der Insel sind geteilt in ‚Stadtmenschen‘, welche die Vorteile eines überreichen Europas genießen, und den ‚Landmenschen‘, die den Eindruck haben, von den Vorteilen einer postindustriellen Gesellschaft nicht zu profitieren und bei den Politikern keinen Einfluss zu haben. Statt diese unzufriedene Gruppe von oben herab zu kritisieren, sollten die Politiker ihr Aufmerksamkeit schenken und herausfinden, was sie quält. Versuche der „Umerziehung“ oder Indoktrination haben schon unter den Boleschwiken versagt, warum sollten sie also in der heutigen Informationsgesellschaft funktionieren?“
„Moskowski Komsomolez“ (Moskau):
„Noch sind nicht alle Folgen der britischen Entscheidung absehbar. Aber eines ist klar: Der Brexit wird die EU schwächen und die Rhetorik der Euroskeptiker befeuern, wie wir das am Beispiel Frankreich bereits erleben. Schon länger ist der Trend zu Eigeninteressen in der EU spürbar, und er schwächt die gemeinsam errungenen Vereinbarungen in wichtigen Fragen. Natürlich wird die EU für Großbritannien ein Partner bleiben, aber viele Beziehungen werden gekappt - vielleicht sogar von den USA, für die London dann nicht mehr so wichtig ist. Ein Argument für die EU-Gegner war die Flüchtlingskrise. Dass aber Großbritannien damit alleine fertig wird, darf bezweifelt werden.“
„24 Tschassa“ (Sofia):
„Die wichtigste Frage für die EU ist, ob sie die richtigen Schlussfolgerungen aus der gesamten Krise mit Großbritannien zieht. Sowohl in der Eurokrise als auch in der griechischen Krise sowie in der Flüchtlingskrise zeigt die EU, dass sie nicht effektiv arbeitet und recht langsam Entscheidungen zustande bringt, was das Gewicht der Krisen unnötig vergrößert. Außerdem beschäftigt sich die EU oft mit zweitrangigen und sinnlosen Fragen, statt sich auf die realen Probleme zu fokussieren. Europa sollte aus der Krise mit Großbritannien Lehren ziehen, um gestärkt herauszukommen und den Zerfall zu vermeiden.“