TT-Interview

„Die Identitären buhlen um Aufmerksamkeit“

Die „Neuen Rechten“ machen gegen Flüchtlinge Stimmung. Das Handbuch „Die Identitären“ wird am Freitag, 1. Juli in der Wagner’schen präsentiert. Beginn 19.30 Uhr.
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Die Identitären sind in aller Munde. Mitglieder dieser Jugendbewegung, die weit rechts angesiedelt ist, stürmen Theaterstücke und stellen sich Flüchtlingen entgegen. Doch wer sind sie und was wollen sie? Die Politologin Natascha Strobl stellt in Innsbruck ihr aktualisiertes Buch zum Thema vor.

Was charakterisiert die Identitären?

„Die rechtsextremen Identitären haben den Aktionismus bei den Linken abgeschaut“, sagt Politologin Natascha Strobl.
© Laurin Rosenberg

Natascha Strobl: Es ist eine rechtsextreme Gruppe, die zum Spektrum der ,Neuen Rechten’ gehört. Die ,Neue Rechte’ ist an der Überschneidung zwischen bürgerlichem und offen rechtsextremem Milieu angesiedelt und will die Diskussionen nach rechts verschieben. Die Identitären bilden die junge Generation, die sich durch ihre Verwendung von Popkultur, einheitlichem Auftreten sowie Aktionismus abhebt.

Die Proponenten klagen den ORF, weil sie als rechtsextrem bezeichnet wurden. Sind die Identitären rechtsextrem?

Strobl: Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist dies korrekt. Rechtsextremismus beschreibt eine Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen. Das Ziel ist eine ethnisch reine „Volksgemeinschaft“. Das trifft auf die Identitären mit ihrem Wunsch nach einer „Reconquista“ (der Vertreibung von Muslimen und Juden) zu.

Sie scheinen die Öffentlichkeit zu suchen?

Strobl: Aufmerksamkeit ist die Hauptstrategie. Sie kalkulieren mediale Logiken mit ein. Umso perfider, um so eher bekommen sie ein Mikrofon vor die Nase gehalten. Wichtiger wäre es, über sie zu berichten, anstatt ihnen Raum zur Selbstdarstellung zu geben. Den Aktionismus haben sie sich bei Linken und NGOs abgeschaut und für ihre Zwecke adaptiert. Nach außen versuchen sie das Bild der Gewaltlosigkeit zu wahren, bei den Aktionen ist dies mehr als grenzwertig, wie die Stürmung des Audimax zeigt.

Grenzen sich alle Parteien ab?

Strobl: Nein, die FPÖ hat ein ausgesprochen enges Nahverhältnis zu den Identitären. Es gibt Funktionäre, die aktiv bei den Identitären dabei sind. Es gibt viele positive Bezüge auf Facebook bis hinauf zu Parteichef Strache.

Wie stark ist die Bewegung in Tirol?

Strobl: Im Westen sind die Identitären besonders in Salzburg sehr stark. Aber auch in Tirol können wir immer wieder Aktionen beobachten. Besonders interessant ist hier die Zusammenarbeit mit dem italienischen Ableger, der ,Generazione Identitaria‘. Die Südtirol-Frage dürfte hier nicht fertig ausdiskutiert sein. Während die italienischen Identitären dazu vornehm schweigen, erlebt CasaPound in Südtirol einen Höhenflug, und das mit einer dezidiert „Südtirol ist Italien“-Kampagne, was die österreichischen und deutschen Rechtsextremen weniger freuen dürfte.

Das Gespräch führte Alexandra Plank