Südsudan - Aufbruchstimmung im jüngsten Staat der Welt verebbt

Juba/Wien (APA) - Als „fragilster Staat der Welt“ oder als ein „failed state“ (gescheiterter Staat) wird der Südsudan oft bezeichnet. Die Au...

Juba/Wien (APA) - Als „fragilster Staat der Welt“ oder als ein „failed state“ (gescheiterter Staat) wird der Südsudan oft bezeichnet. Die Aufbruchstimmung nach der Unabhängigkeit 2011, die sich Anfang Juli zum fünften Mal jährt, ist weitgehend verebbt. Skepsis beherrscht den Alltag der Bevölkerung in dem jüngsten Staat der Erde. Ihr Leben ist geprägt von Unsicherheit in allen möglichen Faktoren, sagt Bernhard Helmberger, der seit 2013 für das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) in der Region tätig ist, im APA-Interview.

Nach einem 50-jährigen Bürgerkrieg mit der islamisch-geprägten sudanesischen Regierung in Khartoum, der über zwei Millionen Tote forderte, wurde der vorwiegend christlich geprägte Südsudan am 9. Juli 2011 unabhängig. Von der damaligen Jubelstimmung ist heute aber wenig übrig, flammte doch bereits Ende 2013, also nicht einmal eineinhalb Jahre nach der Unabhängigkeit, ein alter Konflikt wieder auf. Seither habe sich die Situation „massiv verschlechtert“, erklärt Helmberger. Wegen des Bürgerkrieges sah sich Helmberger, der die Rot-Kreuz-Projekte in der Region leitet, gezwungen, ein Projekt zur Wasser- und Siedlungshygiene vom umkämpften Unity State in eine andere Provinz zu verlegen.

Auch die Einigung auf die Bildung einer Übergangsregierung Anfang des Jahres und die Ankündigung von Präsident Salva Kiir und seinem einstigen Rivalen und heutigen Vize-Präsidenten Riek Machar, eine nationale Wahrheitskommission einsetzen zu wollen, trug nach Helmbergers Worten nicht zur Verbesserung der Stimmung innerhalb der Bevölkerung bei. Weiterhin herrsche große Skepsis.

Auch seine Arbeit habe sich seit der Eskalation des Streits zwischen Kiir und Machar „schlagartig verändert“ und werde nun zu einem großen Teil von Katastrophenhilfe dominiert. Etwa 2,8 Millionen Menschen im Südsudan sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Eine Vielzahl von Faktoren sei für diese Situation verantwortlich - neben dem Klimaphänomen El Nino, das zu schwerwiegender Nahrungsmittelunsicherheit führt, nennt Helmberger die politisch instabile sowie die ökonomische Situation. Und das in allen Teilstaaten, nicht nur in jenen im Norden des Südsudan, die am meisten von den Kämpfen betroffen waren. „Der Konflikt hat sich dezentralisiert“, fasst der ÖRK-Mitarbeiter zusammen.

Ziel sei neben der Nothilfe aber auch weiterhin Katastrophen vorzubeugen und langfristig die Entwicklung des Zwölf-Millionen-Einwohner-Landes voranzutreiben. Als „Spezialsituation“ bezeichnet Helmberger seine Arbeit bzw. deren Rahmenbedingungen im Südsudan. Und eine komplexe Situation erfordere auch eine komplexe Lösung und Herangehensweise. So seien zwar die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) nach der Eskalation des Konfliktes im Dezember 2013 erhöht worden. Vor allem die schlechte Infrastruktur würde die Arbeit von Hilfsorganisationen (NGOs) jedoch erschweren. Durch die langen Transportwege - einige Teilregionen seien nur über den Luftweg erreichbar - und die Kampfhandlungen, die erhöhte Sicherheitsmaßnahmen notwendig machten, sei einfach „alles viel teurer“, sagt Helmberger. Dringend werde deshalb mehr Geld benötigt.

Auch die Vereinten Nationen warnen: Nur 30 Prozent der Mittel, die im Südsudan eigentlich benötigt werden, sind bisher finanziert bzw. ausgezahlt. Das Budget des Österreichischen Roten Kreuzes im Südsudan betrug im vergangenen Jahr rund 1,2 Millionen Euro. Die öffentlichen Mittel der Regierung lagen darunter: 2014 betrugen die Entwicklungshilfeleistungen für das ostafrikanische Land rund eine Million Euro, davon wurden 160.000 Euro über die Austrian Development Agency (ADA) abgewickelt.