Spanien wählt ein neues Parlament
Madrid (APA/AFP) - In Spanien wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt, nachdem es den Parteien in den vergangenen sechs Monaten nicht ge...
Madrid (APA/AFP) - In Spanien wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt, nachdem es den Parteien in den vergangenen sechs Monaten nicht gelungen war, eine Regierungskoalition zu bilden. Um 09.00 Uhr öffneten im ganzen Land die Wahllokale, die Wahlberechtigten haben bis 20.00 Uhr Zeit, ihre Stimme abzugeben.
Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem die Parlamentswahl im Dezember zu einem Patt zwischen den politischen Lagern geführt hatte. Zwar war die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy erneut stärkste Kraft geworden, doch gelang es ihr nicht, einen Partner für die Bildung einer Koalitionsregierung zu gewinnen. Auch die zweitplatzierte Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) unter Pedro Sanchez scheiterte mit der Bildung einer Koalition, so dass letztlich König Felipe VI. Anfang Mai Neuwahlen ansetzte. Es wird aber befürchtet, dass die Wahl erneut zu einem Patt führt.
Den Umfragen zufolge bleibt die PP mit 28 Prozent stärkste Kraft. Auf den zweiten Platz könnte diesmal das neue Linksbündnis Unidos Podemos (Vereint können wir) aus Podemos und Vereinigter Linker (Izquierda Unida, IU) kommen, gefolgt von PSOE und der liberalen Partei Ciudadanos von Albert Rivera. Mit ihrem starken Abschneiden hatten Podemos und Ciudadanos im Dezember das traditionelle Zwei-Parteien-System von PP und PSOE zum Einsturz gebracht.
Seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975 hatten sich PP und PSOE stets an der Macht abgelöst, ohne auf Partner angewiesen zu sein. Nach einer Reihe von Korruptionsskandalen büßten beide Parteien jedoch das Vertrauen vieler Wähler ein, hinzu kam die schwere Immobilien- und Bankenkrise von 2008, von der sich das Land nur langsam erholt. Neue Bewegungen und Parteien erhielten rasch Zulauf.
Experten äußerten die Hoffnung, dass die erneute Wahl den Druck auf die politischen Widersacher erhöht, sich zusammenzuraufen. Unklar war aber, welchen Einfluss das Brexit-Votum auf den Wahlausgang haben wird. Rajoy stellte sich bei seinem letzten Wahlkampfauftritt am Freitagabend als Garant für Stabilität dar. Angesichts der Ungewissheit wegen des britischen Referendums sei kein Platz für „Experimente“, warnte Rajoy.
Dagegen sprach Podemos-Chef Pablo Iglesias von einer klaren Botschaft des Wandels an die Europäer: „Das Europa, das Sozialleistungen streicht, Flüchtlinge erniedrigt und Menschenrechte missachtet, funktioniert nicht und begeistert nicht.“ Erneut sprach er sich gegen die Sparvorgaben aus Brüssel aus. Nach Einschätzung der Meinungsforscherin Sara Morais könnte der Brexit die Polarisierung des Landes weiter verschärfen.