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Fünf Würfel auf Sternenmission

Der Nano-Satellit, von dem fünf Stück mit 27.000 km/h die Erde alle 100 Minuten umrunden, ist sieben Kilo schwer und hat eine Kantenlänge von 20 Zentimetern. Er ist mit einem Teleskop ausgestattet und liefert eine Unmenge an Daten.
© BRITE-Constellation

Sie sind nur so groß wie ein Fußball und umkreisen seit 3,5 Jahren in 800 Kilometern Höhe die Erde: Fünf Satelliten – zwei davon aus Österreich – beobachten helle Sterne am Himmel und senden die Daten an Astrophysiker.

Von Gabriele Starck

Innsbruck –Klein, aber oho. Und zwar so oho, dass den winzigen Satelliten, die seit 2013 die Erde umkreisen, inzwischen schon viel Größeres zugetraut wird.

Fünf Würfel – hier einer in Originalgröße zu sehen – wurden ins All geschickt, um die Helligkeitsschwankungen heller Sterne zu beobachten. Aus den gewonnenen Daten hoffen die Forscher, mehr über sie zu erfahren.

Die Mission „BRITE-Constellation“ sei bereits jetzt eine Erfolgsgeschichte, sind Weltraumtechniker und Astrophysiker überzeugt, die auf Einladung von Astrophysikerin Konstanze Zwintz an der Uni Innsbruck tagen. Den fünf Würfeln, zwei kommen aus Österreich, zwei aus Polen und einer aus Kanada, war eine Lebensdauer von zwei Jahren garantiert worden. Jetzt verrichten sie schon dreieinhalb Jahre lang ihre Arbeit im Orbit und werden es wohl noch mindestens zwei Jahre länger tun.

Der BRITE-Himmel

Die Karte: Jeder farbige Punkt ist einer der von BRITE beobachtbaren Sterne. Die Farben markieren die Temperatur: Kühle Sterne sind rot, heiße Sterne blau. Die geometrischen Figuren zeigen die Leuchtkraftklassen an, die Aufschluss über die Größe des Sterns geben. So sind die Kreise Überriesen, die dreieckigen Symbole Riesen und die quadratischen Unterriesen und Zwerge.

BRITE-Constellation. Von sechs ins All geschossenen Nano-Satelliten funktionieren fünf: Das sind die zwei österreichischen – BRITE-Austria von der TU Graz und UniBRITE von der Uni Wien. Dazu kommen noch zwei polnische und ein kanadischer Würfel. Der zweite kanadische Satellit wurde von der Rakete nicht freigesetzt.

Der BRITE-Himmel. Näheres siehe Infokasten.
© BRITE-Constellation

Die Nano-Satelliten müssen zunächst ein Bild von einem Ausschnitt des Alls zur Erde senden. Auf diesem Bild suchen sich die Forscher die hellsten Sterne heraus und geben dem Satelliten vor, nur diese zu vermessen. Aus den daraus erkennbaren Helligkeitsschwankungen der Sterne, hier geht es nur um ein Tausendstel der Gesamt­helligkeit, wollen sie Rückschlüsse auf Alter, Größe, Masse und besondere Vorkommnisse im Leben des Sterns ziehen. Diese Pulsationen genannten Veränderungen zeigen sich auch in der Form des Sterns. Das sei dann zu vergleichen mit den wabernden Riesenseifenblasen, die Straßenkünstler in der Altstadt produzieren, erklärt der Garchinger ESO-Astrophysiker Dietrich Baade. Auch für die Ursache des Pulsierens, das aus dem Inneren des Sterns immer wieder von Neuem angeregt wird, hat er einen Vergleich. „Das ist wie der Deckel auf einem Topf mit kochendem Wasser. Die Physik im Topfinneren bringt den Deckel zum Klappern.“ Den Forschern zeigt sich das Phänomen anhand von sich überlagernden Sinus-Kurven, aus denen sie ihre Rückschlüss­e ziehen. Eine Erkenntnis hat Konstanze Zwintz bereits gewonnen. Sie fand heraus, dass unter jungen Sternen „Kinde­r“ langsamer pulsieren als „Teenage­r“ und „junge Erwachsene“.

Stammt die Helligkeitsveränderung nicht vom Stern selbst, sondern von einem Planeten, der am Stern vorbeizieht, erkennen dies die Wissenschafter anhand der Form der Kurve. Und haben gleich den Nachweis, dass den Stern ein Planet umkreist.

Um verwertbare Daten liefern zu können, muss der Satellit nach jeder Erdumrundung wieder exakt dieselbe Position einnehmen. Aber auch dem zeigen sich die kleinen Dinger gewachsen.

Und das um nur 2,5 Millionen Euro für Bau, Test, Start, Datenauswertung und Betrieb pro Satellit. Das sei ein Schnäppchen, wenn man bedenke, dass der bisher kleinste ESA-Satellit 40 Mio. Euro verschlang und Kommunikationssatelliten in den dreistelligen Millionenbetrag gehen, sagt der Projektleiter des Satelliten BRITE-Austria, Otto Koudelka von der TU Graz: „Wir zeigen erstmals, dass auch eine so kleine Mission wissenschaftliche Fragestellungen bewerkstelligen kann.“ Waren die Nano-Satelliten einst nur für Studienzwecke für Studierende gedacht, seien sie inzwischen sogar für kommerzielle Anwendungen im Gespräch – etwa zur Flugzeugortung. „Dann passiert es nicht mehr, dass eine Maschine wie beim Flug MH370 spurlos verschwindet.“