Grafenegg: Zwei Zugänge zu Tschaikowsky in direkter Konfrontation
Grafenegg (APA) - Das dritte und somit vorletzte Festivalwochenende in Grafenegg ist am Sonntag mit einem Gastspiel des Orchestre National d...
Grafenegg (APA) - Das dritte und somit vorletzte Festivalwochenende in Grafenegg ist am Sonntag mit einem Gastspiel des Orchestre National de France unter der Leitung von Christoph Eschenbach zu Ende gegangen. Trotz Vollbadens im üppigen Wohlklang ein etwas glanzloser Abend im Auditorium.
Am Vormittag noch hatte dort das Mariinsky Orchester St. Petersburg unter Valery Gergiev nach seinem fulminanten Konzert am Vorabend auch bei einer zweieinhalbstündigen Tschaikowsky-Matinee Maßstäbe gesetzt, nicht zuletzt beim Klavierkonzert Nr. 1 mit dem phänomenalen, erst 21-jährigen Pianisten George Li, der den Solopart in begeisternder Weise, mit enormer Kraft und schier grenzenlosem technischen Vermögen meisterte, ebenso zwei wahnwitzige Zugaben. Hier braucht sich ein veritables Tastengenie nicht anzukündigen, es ist schon da.
Am Abend also die Franzosen, die Mozart, Saint-Saens und ebenfalls Tschaikowsky im Gepäck hatten. Sie demonstrierten, wie man im Grunde alles richtig machen kann, ohne damit Wesentliches zu erreichen. Etwas beiläufig geriet schon die „Figaro“-Ouvertüre, ziemlich enttäuschend das Violinkonzert Nr. 3 von Camille Saint-Saens trotz des Solisten Renaud Capucon. Viel süßer Zuckerguss konnte mangelnden Ausdruck nicht übertünchen. Eine in der Pause aufgeschnappte Bemerkung eines Journalistenkollegen brachte es auf den bedauerlichen Punkt: „I didn‘t feel anything.“
Und schließlich Tschaikowskys Fünfte: Eschenbach zelebriert ein teigiges Weihespiel, das sich in dröger Monotonie durch den ersten Satz lahmt, träge und dick aufgetragen folgt das Andante cantabile, uncharmant zäh und vordergründig die Valse, dumpf grummelnd geht es ins grobschlächtige Finale, als wär‘s der Soundtrack zu einem altbackenen Hollywoodschinken. Tschaikowsky aus der muffigen Retro-Dose. Das Publikum reagierte dennoch freundlich und zeigte sich applausfreudig.
(S E R V I C E - Musikfestival Grafenegg, bis 11. September, Tel. 02735/5500, www.grafenegg.com)