Internationale Pressestimmen zur Wahl in Mecklenburg-Vorpommern 1

Berlin (APA/dpa) - Zum Wahlergebnis im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern schreiben Zeitungen in Europa am Montag:...

Berlin (APA/dpa) - Zum Wahlergebnis im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern schreiben Zeitungen in Europa am Montag:

„Neue Zürcher Zeitung“:

„Die CDU hatte es in Mecklenburg-Vorpommern auf Landesebene nie leicht gehabt. Hinter die kometenhaft aufsteigende, rechts von ihr angesiedelte Alternative für Deutschland (AfD) auf den dritten Platz verwiesen zu werden, gleicht jedoch einer Demütigung.

Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik hatte eine als rechts von der CDU verortete politische Kraft stärker abgeschnitten als die Union. Für die Berliner Politik und für die Ausrichtung der CDU dürfte das erhebliche Folgen haben - auch auf den Streit mit der Schwesterpartei CSU in der Flüchtlingspolitik. Die Positionierung mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 steht bevor. Die Sorge der Abgeordneten hinsichtlich ihrer Wiederwahl wächst. Ob eine bessere Erklärung der Politik ausreicht, ist fraglich.

In einem Wahlkampf, in dem die Flüchtlingspolitik über die landespolitischen Nöte dominiert hatte, ist das Resultat eine Abrechnung mit der „Willkommenskultur“ der Kanzlerin.“

„De Volkskrant“ (Amsterdam):

„Es ging bei dieser Wahl weniger um Fakten, als um drei Empfindungen: Misstrauen, Groll und Angst. Das damit verbundene Unbehagen betraf mehr als nur die Vorbehalte gegen Flüchtlinge. Es ging auch um die alte Geschichte von den vergessenen europäischen Flachlandgebieten, wo die Bevölkerung sich vernachlässigt fühlt, um mangelnde Infrastruktur und fehlende Jobs sowie um ein großes Misstrauen gegen jede gefestigte Ordnung. Das ist ein Szenarium, das populistischen und rechten Parteien überall in Europa Flügel verleiht. In diesem Sinne ist das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern die Bestätigung eines Trends - und eines gesamteuropäischen Problems.“

„The Guardian“ (London):

„Mecklenburg-Vorpommern ist in den vergangenen zehn Jahren von einer großen Koalition aus SPD und CDU regiert worden - praktisch eine Widerspiegelung der Machtstruktur auf Bundesbene. Eine in wachsendem Maße entzweiende Debatte über die Konsequenzen aus dem Vorgehen der Bundesregierung in der Flüchtlingskrise hat die Unterstützung für die AfD vorangetrieben (...), wenngleich dieses Bundesland von der Flüchtlingskrise kaum betroffen war.

Obwohl das Wahlergebnis keine unmittelbaren Folgen für die Arbeit der deutschen Regierung hat und Mecklenburg-Vorpommerns Bevölkerung mit nur 1,6 Millionen Menschen recht klein ist, ist es doch von großem symbolischen Wert für die Landtagswahl in Berlin am 18. September und für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.“

„Liberation“ (Paris):

„Ihr Beliebtheitsgrad ist während des Sommers stark gefallen - auch wenn einige europäische Spitzenpolitiker davon träumen, soviel Zustimmung zu haben. Für sie (Merkel) stellt sich die Frage eines vierten Mandats im kommenden Jahr. Sie, die so souverän war, sieht ihren Thron wackeln.

Und das ist für keinen eine gute Nachricht, vor allem für die Europäische Union. Die Regionalwahl in Mecklenburg-Vorpommern, die am Sonntag die Ausbreitung der populistischen und gegen Flüchtlinge eingestellten Partei AfD unterstützt hat, ist symptomatisch für ein Übel, das ganz Europa betrifft. Die Flüchtlings-Frage hat das Votum belastet, in einer Region, die wenig dieser Problematik ausgesetzt ist.“

„De Tijd“ (Antwerpen):

„Das dürfte bitter sein für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Im eigenen Stammland wird die CDU rechts von der AfD überholt. Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl ist das mehr als eine ernste Warnung. (...) Der augenscheinlichste Grund für den Erfolg der AfD ist die gesamte Flüchtlingsproblematik. Fast exakt vor einem Jahr hat Deutschland die Grenzen für Flüchtlinge weit geöffnet - nach dem historischen „Wir schaffen das“ von Angela Merkel. Ein Jahr danach herrscht Ernüchterung. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung hält nichts von der „Willkommenskultur“ und in Mecklenburg-Vorpommern ist das nun deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Deutschland will einen klaren Plan für den Umgang mit der Flüchtlingskrise sehen, doch bislang gibt es den nicht.“