Merkels CDU vor großem Wahljahr 2017 schwer angeschlagen
Berlin (APA/dpa) - Schlimmer hätte es für die deutschen Christdemokraten am Sonntag kaum kommen können. Nicht nur, dass sie, wie schon so of...
Berlin (APA/dpa) - Schlimmer hätte es für die deutschen Christdemokraten am Sonntag kaum kommen können. Nicht nur, dass sie, wie schon so oft bei Landtagswahlen in den vergangenen Jahren, Stimmen verloren. In Mecklenburg-Vorpommern wurden sie auch von der rechtspopulistischen AfD (Alternative für Deutschland) überflügelt. Und dies ausgerechnet in der politischen Heimat von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die in Vorpommern ihren Bundestags-Wahlkreis hat.
Vor dem Wahljahr 2017, wenn im Herbst das nationale Parlament neu gewählt wird, präsentiert sich Merkels Partei in schlechter Verfassung. Genau ein Jahr, nachdem die Kanzlerin die Öffnung der deutschen Grenze für in Ungarn festsitzende syrische Flüchtlinge verfügt hatte, sackte ihre Partei in dem nordöstlichen Bundesland auf 19 Prozent der Stimmen ab. Auch auf nationaler Ebene schwächelt die Union aus Christdemokraten (CDU) und Christsozialen (CSU). Hatte sie noch bei der Bundestagswahl 2013 mit 41,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Sitze nur knapp verfehlt, liegt die CDU/CSU derzeit in Umfragen bei wenig über 30 Prozent.
Merkels Flüchtlingspolitik hat der zuvor von Flügelkämpfen zerrissenen AfD Auftrieb gegeben. Immer wieder werden in der Union die Worte des langjährigen CSU-Chefs Franz Josef Strauß (1915-1988) beschworen, der einmal gesagt hatte, dass sich rechts von CDU/CSU keine demokratisch legitimierte politische Kraft etablieren dürfe. Am Sonntag wurde die AfD nicht nur, wie schon in Sachsen-Anhalt im März, zweitstärkste Kraft, sondern lag erstmals sogar vor der CDU. Von einer „Kernschmelze der Union“ spricht das Magazin „Cicero“.
Bisher hat Merkel noch gar nicht erklärt, ob sie bei der Bundestagswahl im September 2017 noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten wird. Sie wäre dann zwölf Jahre im Amt. Während ihrer Regierungszeit verlor die CDU bei Landtagswahlen fünf Ministerpräsidentenposten an SPD, Grüne und Linke und gewann keinen einzigen hinzu. Unter den zehn größten deutschen Städten, stellt die CDU nur noch in einer den Oberbürgermeister, in Essen (Nordrhein-Westfalen).
Die langjährige Schwäche in Ländern und Kommunen konnten die Christdemokraten zumindest auf Bundesebene bisher dank der Popularität Merkels kompensieren. Doch auch diese bröckelt. Im „ARD-Deutschlandtrend“ erzielte die CDU-Bundesvorsitzende zuletzt mit 45 Prozent Zustimmung den schlechtesten Wert seit fünf Jahren. „Einen positiven Merkel-Effekt gibt es nicht mehr. Aus dem Kanzlerbonus ist ein -malus geworden“, schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.
AfD-Chefin Frauke Petry bewertete das Wahlergebnis im Nordosten als persönliche Niederlage der Bundeskanzlerin. „Frau Merkel stürzt sich selbst“, sagte sie. Aus Bayern, wo die Schwesterpartei CSU mit absoluter Mehrheit regiert, kamen die gewohnten Seitenhiebe. Merkels liberale Flüchtlingspolitik vergraule die Wähler und treibe sie in Scharen der AfD zu, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und forderte einmal mehr eine „Obergrenze für Flüchtlinge“.
Die CSU hatte heuer wiederholt Zweifel durchschimmern lassen, ob sie eine gemeinsame Kanzlerkandidatur Merkels 2017 noch unterstützen würde. „Erst müssen Kurs und Inhalte stimmen, dann wird über Köpfe und das Personal entschieden“, sagte Scheuer nun. Die CSU möchte ihre Entscheidung bis zum Frühjahr 2017 hinauszögern. Bei der CDU dürfte aber spätestens im Dezember Klarheit bestehen, falls Merkel beim Bundesparteitag in Essen erneut für den Vorsitz kandidiert. Denn Parteivorsitz und Kanzlerschaft gehörten in eine Hand, hat Merkel gesagt.