Ephesos - Schon 1908 Grabungsstopp durch diplomatische Spannungen
Ephesos/Wien (APA) - Die von der Türkei angeordnete Einstellung der österreichischen Ausgrabungen in Ephesos hat ein historisches Pendant. B...
Ephesos/Wien (APA) - Die von der Türkei angeordnete Einstellung der österreichischen Ausgrabungen in Ephesos hat ein historisches Pendant. Bereits 1908 gab es eine ähnliche Situation. Damals verweigerte das Osmanische Reich vorübergehend die Lizenzen für die 1895 gestarteten Arbeiten österreichischer Archäologen in Ephesos. Aus Protest gegen die Annexion von Bosnien-Herzegowina durch Österreich-Ungarn.
Die formelle Annexion des Balkanlandes nach 30 Jahren Okkupation Anfang Oktober 1908 beschwor eine gefährliche Krise herauf, weil dieser Schritt Wiens auf den Widerspruch fast aller Mächte auf dem Kontinent gestoßen war, ganz besonders von Russland und Serbien. Auch das Osmanische Reich protestierte, boykottierte vorübergehend österreichische Waren und stoppte die Grabungen in Ephesos für eine Weile.
Das im Vorjahr zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Ephesos ist eine der weltweit bedeutendsten archäologischen Forschungsstätten und eines der Flaggschiffe österreichischer Forschung im Ausland. Am Sonntag wurde bekannt, dass das türkische Außenministerium die Einstellung der Grabungen mit Ende August angeordnet hatte. Als Grund dafür nannte die türkische Nachrichtenagentur Dogan die Spannungen zwischen Wien und Ankara.
Nachdem der österreichische Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche gefordert hatten, gab es heftige Kritik aus Ankara. Im August wurde der türkische Botschafter aus Wien zurückgerufen.
Wissenschaftsminister Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellte am Sonntagabend in einer Stellungnahme zum Grabungsstopp fest: „Ich bedaure diese Entscheidung sehr, weil sie Politik und Wissenschaft vermischt und im Widerspruch zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit steht, die wir über viele Jahre in Ephesos gepflegt haben. Mit diesem Schritt wird die Freiheit der Wissenschaft weiter eingeschränkt.“
( 1004-16, 88 x 55 mm)