CSU will CDU auf ihre Linie bringen - Weiß aber noch nicht wie
München/Berlin (APA/AFP) - Kurz nach dem Feststehen der Wahlniederlage der CDU in Mecklenburg-Vorpommern hat die Parteichefin Angela Merkel ...
München/Berlin (APA/AFP) - Kurz nach dem Feststehen der Wahlniederlage der CDU in Mecklenburg-Vorpommern hat die Parteichefin Angela Merkel mit CSU-Chef Horst Seehofer telefoniert. Was die deutsche Kanzlerin und der bayerische Ministerpräsident genau besprachen, wird in München und Berlin nicht verraten. Aber es scheint so, als seien die Vertreter der kleinen Schwesterpartei in Bayern nicht zufrieden - bis kommenden Sonntag dürfte deshalb der Druck aus München kräftig wachsen.
Seehofer hat in dieser Woche zwei Termine in Berlin: Einen Wohlfühltermin und einen zum Poltern. Das Wohlfühlen ist für Mittwochabend in der Bayerischen Vertretung geplant. Dort feiert der Ministerpräsident den Auftakt des Oktoberfests und lässt für 600 Gäste vom staatlichen Hofbräuhaus Oktoberfestbier ausschenken und Ochsenbraten servieren. Es werde „bayerische Lebensart in die Bundeshauptstadt“ gebracht, kündigte die Münchner Staatskanzlei an.
Mehr Bayern in Berlin will Seehofer aber vor allem am Sonntag erreichen. Dann sollen die Spitzen der Großen Koalition als Konsequenz aus der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern beim x-ten Versuch auf die CSU-Positionen einschwenken. Obergrenzen für Flüchtlinge, schnellere Rückführungen, die Ausweitung der Zahl sicherer Herkunftsländer und bessere Integration, nennt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer etwa als Themen.
Die Themen sind nicht neu. Aber mit dem allgemein als Ohrfeige für Merkels Flüchtlingspolitik wahrgenommenen CDU-Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern hofft die CSU nun, dass ihre seit Monaten wiederholten Forderungen durchdringen. „Diese Verärgerung über ein Thema überlagert alles, das ist bitter und schade, das zu ändern geht nur mit klaren Worten und einem klaren Kurs“, sagt Scheuer.
Ob aber Merkel die Worte der Bayern diesmal nicht nur hören, sondern in ihren eigenen Wortschatz übernehmen will, ist unklar. In der CSU sind sie offensichtlich noch nicht davon überzeugt. Wer sich im Vorstand der Christsozialen umhört, trifft mit der Frage nach Hoffnungen auf einen Kurswechsel der Kanzlerin auf Schweigen. Beim Thema Obergrenze winkte etwa CDU-Generalsekretär Peter Tauber direkt wieder ab.
Von dem von Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) geforderten „Weckruf für die Union“ war auch bei Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) nichts zu spüren, der beim Gillamoos-Volksfest in Niederbayern ohne Zugeständnisse an die CSU an die Gemeinsamkeiten der Schwesterparteien appellierte. Begeisterung löste Altmaier damit im Bierzelt nicht aus.
„Die Merkel bleibt stur“, sagte ein CSU-Vorstandsmitglied am Montag. Dies wird offenbar trotz des Eingeständnisses der Kanzlerin, eine Mitverantwortung am schlechten CDU-Abschneiden zu haben, in München so gesehen.
Im Schloss Schwarzenfeld in der Oberpfalz wollen die Christsozialen nun am Freitag und Samstag bei einer Vorstandsklausur ihren weiteren Kurs abstecken. „Auf der Vorstandsklausur wird ab Freitag sehr intensiv daran gearbeitet, wie wir unsere Grundpositionen für die Debatte im Herbst in Berlin noch intensiver formulieren“, sagt Scheuer. „Ganz intensiv“ werde das dann auch mit der CDU diskutiert - das klingt wie eine Drohung.
Die Frage ist jedoch, ob der CSU bei der unter dem Hauptthema „Politischer Islam“ stehenden Klausur tatsächlich noch Neues einfallen wird. Schon jetzt sind die Druckmittel offen auf dem Tisch. Noch direkt vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hatte Scheuer angekündigt, die CSU werde erst im Frühjahr entscheiden, ob sie Merkel als Kanzlerkandidatin unterstützt. Die Alternative wäre, mit einem eigenen Kanzlerkandidaten - wofür nur Seehofer infrage käme - anzutreten.
Seehofer selbst hält sich am Montag zunächst zurück. Für ihn ist das Spitzentreffen am Sonntag der wichtigste Termin der Woche. Seehofer werde gegenüber Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel „sehr klar die Positionen der CSU vertreten“, sagt Scheuer.