Vize-IKRK-Einsatzleiter kritisiert „Instrumentalisierung von Hilfe“
Damaskus/Wien (APA) - Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) kritisiert die zunehmende „Instrumentalisierung von humanitärer Hilfe“ im Syrien-...
Damaskus/Wien (APA) - Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) kritisiert die zunehmende „Instrumentalisierung von humanitärer Hilfe“ im Syrien-Konflikt. „Es findet Manipulation statt, grünes Licht für Operationen wird teilweise abhängig von politischen Agenden gegeben“, erklärte der stellvertretender IKRK-Einsatzleiter am Montag im Gespräch mit der APA.
Die Instrumentalisierung finde von mehreren Seiten statt, so Grand, ohne konkreter zu werden. Der Krieg in Syrien sei „wahrscheinlich einer der schlimmsten Konflikte (...) den wir seit Jahrzehnten haben“, so der stellvertretende Einsatzleiter. Besonders charakterisierend für den nunmehr sechs Jahre dauernden Krieg sei für ihn das hohe Level an Gewalt und, dass es am grundlegenden Verständnis für die Genfer Konventionen fehle.
„Das führt dazu, dass Zivilisten, ihre Häuser oder Spitäler angegriffen werden“, erklärte Grand. Außerdem führe die Nichteinhaltung der Konventionen auch dazu, dass das Bereitstellen von humanitärer Hilfe erschwert oder gar ganz behindert werde. Auch die große Zahl beteiligter Gruppen in dem Konflikt erschwere die Arbeit des IKRK. Denn „um die Bevölkerung zu erreichen“, sei es notwendig mit den vorherrschenden Gruppierungen zu sprechen und auch zu kooperieren, so der langjährige IKRK-Mitarbeiter. Denn ohne ihre Zustimmung komme man nicht durch die Checkpoints und könne so nicht helfen.
Dennoch sei das Rote Kreuz in Syrien immer noch jene Organisation, die im Vergleich zu anderen Hilfsorganisationen zu den meisten Gebieten Zugang habe. Dies liege vor allem an der engen Kooperation mit dem syrischen Roten Halbmond. Auf die Frage, ob die Sicherheit der Mitarbeiter des IKRK in den Konfliktregionen gewährleistet werden könne, meinte Grand, dass dies „immer unsere Priorität“ sei. Dennoch könne man das Risiko in Krisenregionen nie ganz eliminieren. So sei es nicht sinnvoll, Mitarbeiter in umkämpfte Gebiete zu schicken. Denn „wenn jemand verwundet ist und wir zwei Freiwillige schicken, um ihn zu evakuieren und beide angeschossen werden, dann haben wir nicht einen sondern drei Verletzte und haben noch immer niemandem geholfen.“
Deswegen seien Waffenstillstände oder Feuerpausen auch so wichtig für das Leisten von humanitärer Hilfe. „Wir brauchen diese Waffenstillstände, sie erlauben den Menschen, dass sie ihr Heim verlassen und sich mit ein bisschen Wasser, Medizin oder Nahrung eindecken. (...) Denn jedes Mal wenn sie sonst nach draußen gehen um frisches Wasser zu holen, besteht die Chance, dass eine Bombe neben ihnen abgeworfen wird.“
Dennoch gebe es aufgrund der nicht vorhandenen oder sehr losen militärischen Befehlsketten keine absolute Sicherheit dafür, dass eine vereinbarte Waffenruhe auch halte. „Einigkeit auf höchster Ebene, bedeutet nicht, dass das auch automatisch an die gesamte Befehlskette weitergegeben wird, wie man es von einer strukturierten, disziplinierten und gut organisierten Armee erwartet. Denn in diesen Ländern ist das Militär kaum organisiert und strukturiert“, sagte Grand.
(Das Gespräch führte Konstantin Kladivko/APA)