Kroatien-Wahl: Schwierige Regierungsbildung mit ungewissen Ausgang

Zagreb (APA) - Die Neuwahlen in Kroatien werden keine schnelle Lösung für die politische Krise im Land bringen. Die Wahlprognosen deuten auf...

Zagreb (APA) - Die Neuwahlen in Kroatien werden keine schnelle Lösung für die politische Krise im Land bringen. Die Wahlprognosen deuten auf eine Quasi-Wiederholung der Wahl 2015 hin, als man ohne die Neopartei Most keine Regierung bilden könnte. Das Resultat der wochenlangen Koalitionsgespräche war damals eine instabile Mitte-Rechts-Regierung, die sich nicht einmal ein halbes Jahr an der Macht halten konnte.

„Ein ähnliches Szenario wie im Vorjahr ist durchaus möglich“, betonte der Direktor des Internationalen Instituts für Nahost- und Balkanstudien (IFIMES) in Ljubljana, Zijad Becirovic, zur APA. Die Politikexperten sind sich einig, dass das jüngste EU-Mitglied wieder vor einer schwierigen Regierungsbildung mit einem ungewissen Ausgang stehen wird.

Mit Blick auf die Meinungsumfragen dürfte es am Wahlabend ähnlich wie im Vorjahr nicht klar sein, wer Kroatien regieren wird. Das Wahlbündnis „Nationale Koalition“ unter der Führung der oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) hat in den Prognosen zwar einen Vorsprung auf die regierende nationalkonservative HDZ, doch die beiden Großparteien sind noch weit von der absoluten Mehrheit entfernt.

Wieder einmal nimmt die reformorientierte Partei Most, die bei der Wahl erneut die drittstärkste Kraft werden soll, die entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung ein. Das macht die ganze Situation kompliziert: Im Vorjahr führte Most Verhandlungen mit beiden Großparteien und stellte zahlreiche Ultimaten für ihre Unterstützung. Ein Resultat dessen war auch die Bestellung eines parteiunabhängigen und in der Politik unerfahrenen Geschäftsmannes zum Premier. Das wird inzwischen von allen Seiten als ein fehlgeschlagenes Experiment gesehen.

Most bekannte sich bereits im Voraus zur Rolle des Königsmachers und stellte schon vor der Wahl Bedingungen an seine etwaigen Koalitionspartner.

Dabei ist die Reformpartei kein idealer Koalitionspartner. „Most hat sich als ein inkonsequenter und unverlässlicher Partner erwiesen“, so Becirovic. Die politische Plattform, die im Vorjahr als dritte Option in dem politisch polarisierten Land auf Anhieb drittstärkste Partei wurde, erfüllte die Erwartungen der Wähler nicht: anstatt mit angekündigten Reformen beschäftigte sie sich ähnlich wie die etablierten Parteien mit Personalpolitik und politischen Machenschaften, lautet die Kritik. „Most hat nur viel geredet und viel kritisiert“, so der Balkanexperte. Konkrete Lösungen für die Probleme haben Beobachter bei Most allerdings vermisst.

Das ist auch einer der Gründe, weshalb Most bei der Neuwahl mit einem deutlichen Einbruch beim Wahlergebnis rechnen muss. Im besten Fall kann sie mit zwölf Mandaten rechnen, im Vorjahr hat die Partei noch 19 Mandate erreicht. Dass die Neopartei dennoch die Regierungsbildung bestimmen wird, kann sie laut Politikexperten der Tatsache verdanken, dass es keine andere ernsthafte Alternative im politischen Zentrum gibt.

Die beiden Großparteien bleiben mehr oder weniger bei den Ergebnissen aus dem Vorjahr, was laut Becirovic auf eine große Polarisierung der politischen Bühne in Kroatien hindeutet. Die überzeugten Links- sowie Rechtswähler bleiben loyal. Für das Wahlergebnis wird daher entscheidend sein, wie erfolgreich die Großparteien beim Werben der unentschlossenen Wähler sein werden und ob sie die enttäuschten Most-Wähler auffangen können.

Die Wahlkampagne selbst hat nur wenig Inhalte geboten, stattdessen gab es zahlreiche persönliche Angriffe. Wie schon bei einigen Wahlkämpfen zuvor kochten nationalistische Emotionen hoch. Der Spitzenreiter dabei war der Oppositionsführer Zoran Milanovic, der nicht vor persönlichen Attacken zurückschreckte und sogar die Mutter seines HDZ-Kontrahenten Andrej Plenkovic beleidigte.

Auf der anderen Seite haben auch Nachbarschaftsbeziehungen an der Wahlkampagne gelitten, was aber am Balkan beinahe Tradition hat, egal wo die Wahlen stattfinden. So legte sich Milanovic sowohl mit Serbien als auch mit Bosnien-Herzegowina an.

Bisher waren Patriotismus und Nationalismus eher eine Domäne der Konservativen. Doch Milanovic stahl ihnen dieses Mal die Show. Die HDZ, deren nationalistische geprägte Regierung bisher die Öffentlichkeit stark polarisierte, kultivierte hingegen ein viel gemäßigteres Image, was dem neuen Parteichef Andrej Plenkovic zugeschrieben wird. Doch wie Becirovic zur APA sagte, bedeutet das längst noch nicht, dass die HDZ zu einer modernen konservativen Partei umgewandelt ist. Erst die Wahl wird allerdings zeigen, wer von solchen Strategien mehr profitiert hat.

Für eine Große Koalition zwischen SDP und HDZ, die als mögliche Lösung bei ausgeglichenen Machtverhältnissen immer wieder ins Gespräch kommt, gibt es laut dem Balkanexperten nur sehr wenige Möglichkeiten. Auch kroatische Politikexperten glauben, dass die Spaltung zwischen den beiden Parteien dafür zu tiefgreifend ist.