Kroatien-Wahl - Die wichtigsten Parteien und Bündnisse
Zagreb (APA) - In Kroatien finden am 11. September vorgezogene Parlamentswahlen statt. Ein Überblick über die wichtigsten Parteien:...
Zagreb (APA) - In Kroatien finden am 11. September vorgezogene Parlamentswahlen statt. Ein Überblick über die wichtigsten Parteien:
Die Sozialdemokraten (SDP), die bei den regulären Wahlen im November 2015 nach vier Regierungsjahren auf die Oppositionsbank wechselten, könnten die Neuwahl laut Umfragen gewinnen. Das von der SDP angeführte Wahlbündnis „Nationale Koalition“ (Narodna koalicija) dürfte jedoch von der absoluten Mehrheit weit entfernt bleiben und daher auf Koalitionspartner angewiesen sein. Das Wahlbündnis des Oppositionsführers und Ex-Premiers Zoran Milanovic wirbt mit dem Slogan „Sichere Richtung für Kroatien“.
Für die SDP sind die Neuwahlen eine Art Nachprüfung. Bei der Wahl im Vorjahr landete sie mit ihrem Wahlbündnis knapp hinter der nationalkonservativen HDZ, begann jedoch nach der Wahl ein Regierungsbündnis mit der Neopartei Most zu schmieden. Der künftige Koalitionspartner sprang jedoch von der Vereinbarung ab - laut Beobachtern auf Intervention der römisch-katholischen Kirche - und verhalf schließlich der nationalkonservativen HDZ zur Regierung.
Milanovic ging im aktuellen Wahlkampf mit einer scharfen, nationalistisch geprägten Kampagne aufs Ganze. Sein Bündnis, dem traditionell die HNS (liberale Volkspartei) und HSU (Pensionistenpartei) angehören, könnte nun auch auf den bisherigen HDZ-Verbündeten, die christdemokratische Bauernpartei (HSS), ausgeweitet werden. Für die „Nationale Koalition“ tritt auch Ex-Präsident Stjepan Mesic als Kandidat an. Die SDP ist die Nachfolgepartei des ehemaligen Bundes der Kommunisten Kroatiens. Bisher war sie zwei Mal an der Macht: erstmals von 2000 bis 2003 unter der Führung des inzwischen verstorbenen Parteichefs Ivica Racan, die zweite und vorerst die letzte Regierungsperiode verschaffte ihr Milanovic (2011-2015).
Die regierende nationalkonservative HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) bemüht sich mit einer neuen Parteiführung an der Macht zu bleiben. Laut Umfragen dürfte die HDZ aber hinter der SDP nur auf dem zweiten Platz landen. Im Vorjahr hatte die HDZ gemeinsam mit der Neopartei Most eine Mitte-Rechts-Regierung gebildet. Doch nicht die stärkere Partei HDZ stellte den Regierungschef, sondern übertrug das Amt auf Druck des Juniorpartners dem parteiunabhängigen Geschäftsmann Tihomir Oreskovic. Der Kroate aus Kanada wurde jedoch von der HDZ bereits nach weniger als einem halben Jahr durch ein Misstrauensvotum gestürzt, weshalb nun Neuwahlen notwendig sind.
Die von zahlreichen Korruptionsskandalen belastete Partei warb im aktuellen Wahlkampf mit dem Slogan „Glaubwürdig“. Vorwürfe zu Korruption und fragwürdiger Parteienfinanzierung kosteten den bisherigen Parteivorsitzenden Tomislav Karamarko den Chefposten. Sein Nachfolger, der Europaabgeordnete Andrej Plenkovic, versucht die Partei, deren extrem nationalistische Handlungen während der kurzen Regierungszeit stark polarisierten, als eine gemäßigte konservative Partei darzustellen.
Bei den Neuwahlen geht die HDZ alleine auf Stimmenfang. Im Vorjahr hatte sie noch ein breites Wahlbündnis mit mehreren kleineren, rechtsgerichteten Parteien, die sogenannte „Patriotische Koalition“ gebildet. Heuer geht sie nur in einigen Wahlkreisen zusammen mit ihrem traditionellen Partner HSLS (Sozialliberale) ins Rennen. Unter der neuen Führung verloren einige sichtbare Parteimitglieder ihren Platz auf den Wahllisten.
Die Reformorientierte Neopartei Most (Brücke), die bei der Parlamentswahl im Vorjahr auf Anhieb zur drittstärksten Kraft aufstieg, muss mit deutlichen Verlusten rechnen. Trotzdem wird der Partei wohl erneut die Rolle des Königsmachers zukommen. Denn keine Großpartei wird laut Umfragen die absolute Mehrheit erreichen. Die Partei hat bereits Bedingungen für potenzielle Koalitionspartner gestellt, unter denen sie bereit wäre, ein Regierungsbündnis zu schließen. Most, insbesondere deren Chef Bozo Petrov, soll unter dem Einfluss der Kirche stehen.
Den Einzug ins Parlament über die Fünf-Prozent-Hürde dürften auch zwei regionale Parteien schaffen. Die Istrische Demokratische Versammlung (IDS) regiert seit 1993 die Gespanschaft Istrien, eine der reichsten in Kroatien. Die sozialliberale Partei ist ein traditioneller Partner der SDP und war in ihren beiden Regierungen.
Die Kroatische Demokratische Allianz von Slawonien und Baranja (HDSSB) ist wegen ihres Gründers, des mutmaßlichen kroatischen Kriegsverbrechers Branimir Glavas, bekannt. Die extrem rechte populistische Partei ist die einzige erfolgreiche Partei, die HDZ-Abtrünnige gegründet haben.
Die populistische Partei „Zivi zid“ (Lebende Mauer) soll laut Umfragen ebenfalls im Parlament bleiben und ihr Wahlergebnis sogar steigern. Bisher hatte sie einen Abgeordneten im Parlament, die Prognosen sagen ihr zwischen drei bis sechs Mandate im künftigen Parlament voraus. Die Partei entstand 2011 aus einer Bürgerbewegung, die sich gegen Zwangsräumungen einsetzte. Die linksgerichtete Partei kämpft gegen politische Eliten, sieht das Bankensystem als unfair an und setzt sich für einen EU- und NATO-Austritt ein. „Zivi zid“ lehnt eine Regierungsbeteiligung kategorisch ab.
Auch die populistische Partei des langjährigen Zagreber Bürgermeister Milan Bandic, genannt „Milan Bandic 365 - Partei der Arbeit und Solidarität“, könnte laut Umfragen den Widereinzug ins Parlament schaffen. Die im Vorjahr gegründete Partei, die bisher die regierende Koalition unterstützte, tritt in einem Wahlbündnis mit vier weiteren Kleinparteien an.