Politischer Fight um Liederstreit
Kiew, Odessa und Dnipro matchen sich um die Austragung des Eurovision Song Contest.
Wien –Diesen Kampf hätte sich der frühere Boxweltmeister Vitali Klitschko gerne erspart. Mit harten Bandagen fightet der Bürgermeister von Kiew derzeit dafür, dass der Eurovision Song Contest (ESC) 2017 in seiner Stadt stattfindet. Und eigentlich hatte sich Klitschko nach dem Sieg der ukrainischen Sängerin Jamala („1944“) im Mai in Schweden schon auf die Gastgeberrolle vorbereitet.
Doch mittlerweile streiten drei Städte des Landes verbissen um den Gesangswettbewerb: außer Kiew noch Odessa und Dnipro. Nur noch rund acht Monate bleiben bis zu dem Showevent – der Ukraine läuft die Zeit davon. Eigentlich sollte schon am 1. August feststehen, wo 2017 um die Wette gesungen wird. Vieles spricht für Kiew. Die Hauptstadt der früheren Sowjetrepublik verfügt über genügend Hotels, betreibt zwei Flughäfen und der Nahverkehr entspricht internationalen Standards. Doch beim ESC in der Ukraine geht es um weit mehr. Seit gut zwei Jahren tobt im Osten des Landes ein Krieg zwischen Regierungseinheiten und prorussischen Separatisten. Der Konflikt kostete schon 10.000 Menschen das Leben. Russland annektierte zudem gegen den Protest des Westens die Halbinsel Krim.
Angesichts dieser Konflikte verspricht sich das Land einen Prestigegewinn vom ESC. Längst ist der Austragungsort auch eine politische Frage. Das zeigt der Geheimfavorit Odessa. Gouverneur des Gebiets ist der frühere Präsident der Südkaukasusrepublik Georgien, Michail Saakaschwili. Um den ESC in die Stadt zu holen, hat sich der ehemalige Staatschef mit ukrainischem Pass sogar mit einem Feind verbündet: mit Bürgermeister Gennadi Truchanow. Demonstrativ treten die beiden gemeinsam vor die Kameras. „Wenn es um das Wohl Odessas und seiner Bürger geht, kann es keine Uneinigkeit geben“, verkündet Saakaschwili. Zudem sei es in Kiew gefährlicher als in Odessa. Klitschko konterte prompt. „Kann ein Land erfolgreich sein, wenn die Entscheidung für eine Kulturveranstaltung unter dem Tisch getroffen wird?“, fragt er in einem Beitrag für die Internetzeitung Ukrainskaja Prawda, während seine Stadtverwaltung ein Video nachschiebt, das Kiew als hippe Großstadt zeigt.
Doch wenn zwei sich streiten, freut sich vielleicht der Dritte? Das hofft Boris Filatow, der Bürgermeister von Dnipro, der nach der vierten verschobenen Verkündung des Austragungsorts seiner Entrüstung auf Facebook freien Lauf ließ. „Schimpf und Schande!“, schrieb er da.
Inzwischen halten Kulturminister Jewgeni Nischtschuk und andere Mitglieder des Organisationskomitees genaue Daten zurück. Auf Fragen nach dem Termin heißt es dort nur „In nächster Zeit“ oder „Bald“. (APA, dpa)