CSU verstärkt den Druck auf Merkel
Berlin (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach der Wahlniederlage in Mecklenburg-Vorpommern weht der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ein rauer Wind a...
Berlin (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach der Wahlniederlage in Mecklenburg-Vorpommern weht der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ein rauer Wind aus der Schwesterpartei CSU entgegen. „Die Lage für die Union ist höchst bedrohlich“, warnte CSU-Chef Horst Seehofer am Dienstag in der „Süddeutschen Zeitung“. Er will seiner Forderung nach einem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik am Sonntag bei einem Koalitionsgipfel Nachdruck verleihen.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „Passauer Neuen Presse“, dass sein Parteichef „mit einem Katalog von inhaltlichen Forderungen und einem klaren Zeitplan für die Umsetzung“ in den Koalitionsgipfel gehen werde. Die CSU will unter anderem Obergrenzen für Flüchtlinge, schnellere Rückführungen und die Ausweitung der Zahl sicherer Herkunftsländer durchsetzen. Wer jetzt noch glaube, Zeit zu haben, der habe „diesen Warnschuss nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch bei vorherigen Landtagswahlen nicht gehört“.
Bei der Wahl am Sonntag in Mecklenburg-Vorpommern war die CDU mit nur noch 19 Prozent hinter der AfD erst auf dem dritten Platz gelandet. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sprach in den ARD-“Tagesthemen“ am Montagabend von einem „Weckruf“. In Anspielung auf Merkels berühmtes Zitat zur Flüchtlingsaufnahme - „Wir schaffen das“ - sagte Söder: „Aus einem ‚Wir schaffen das‘ sollte eher ein ‚Wir haben verstanden und wir ändern das‘ werden.“
Seehofer klagte im „SZ“-Interview, dass seine „mehrfache Aufforderung der Kurskorrektur“ in der Flüchtlingspolitik nicht aufgenommen worden sei. „Wir brauchen inhaltlich eine klare Orientierung: Steuern, innere Sicherheit, Rente, Zuwanderung - spätestens September, Oktober muss eine Klärung her“, sagte Seehofer. „Dann müssen wir sehen, ob wir uns einigen können mit der CDU.“
Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, warnte mit Blick auf die Wahlerfolge der rechtspopulistischen AfD schon vor „Zuständen wie in Österreich“. Wenn die Regierungsparteien in der Flüchtlingspolitik weiter „zusehen“, drohe ihnen dasselbe Schicksal wie SPÖ und ÖVP in Österreich, wo der Aufstieg der FPÖ „relativ klein und harmlos“ begonnen habe.
Die CSU-Spitzenpolitiker ließen kaum Zweifel daran, dass sie auch einen heftigen Konflikt mit der CDU in Kauf nehmen wollen, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Am Freitag ziehen sie sich zu einer zweitägigen Vorstandsklausur ins oberpfälzische Schloss Schwarzenfeld zurück. „Da werden wir alles Nötige besprechen“, sagte Seehofer am Dienstag vor Journalisten in München.
Merkel hatte am Montag am Rande des G20-Gipfels in China eine Mitverantwortung für das schlechte Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern eingeräumt. Ihre grundlegenden Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik halte sie aber nach wie vor „für richtig“, sagte sie. Am Dienstag stand für die Kanzlerin ein Wahlkampftermin mit dem Berliner CDU-Spitzenkandidaten Frank Henkel auf dem Programm - in der Hauptstadt wird am 18. September ein neues Abgeordnetenhaus gewählt.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber mahnte die Unionsparteien zu Geschlossenheit. „Unsere Anhänger und Mitglieder - gerade auch diejenigen, die derzeit in Niedersachsen und Berlin engagiert Wahlkampf machen - erwarten von der Union vor allem eines: Geschlossenheit“, sagte er mit Blick auf die nächsten Wahlen.
Angesichts des parteiinternen Gegenwinds für Merkel spekulierte der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner über einen möglichen Rückzug der Kanzlerin. „Frau Merkel hat ihren Zenit eindeutig überschritten“, sagte Stegner zu „Spiegel Online“. Merkel hat bisher noch nicht öffentlich erklärt, ob sie bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr noch einmal antritt.
Innenminister Thomas de Maiziere wies indes die Kritik von SPD und CSU an der Bewältigung der Flüchtlingskrise zurück. Er finde Kritik von denjenigen, die „mit am Kabinettstisch oder im Koalitionsausschuss saßen (...) besonders verwunderlich“, sagte De Maiziere in Richtung von Seehofer, aber auch SPD-Chef Sigmar Gabriel. Dieser hatte der Union mehrfach vorgeworfen, Reformen verzögert und bei der Bewältigung des Flüchtlingszuzugs viel Zeit verloren zu haben.