Was ist, was war, was sein könnte
Überwältigende Landschaften und fantastische Großstadtsinfonien: Das Fo.ku.s. zeigt großformatige Fotografien des Italieners Luca Campigotto.
Von Silvana Resch
Innsbruck –Luca Campigotto ist ein Reisender, ein Entdecker von bereits Entdecktem. Fasziniert von den Berichten der großen Abenteurer, die einst von seiner Heimatstadt Venedig aus in alle Welt gezogen sind, hat sich der studierte Historiker aufgemacht, um fantastische Orte zu finden. Das Staunen, das aus den alten Erzählungen spricht, lässt sich auch in seinen großformatigen Landschaftsfotografien finden. Menschenleere Aufnahmen einer überwältigenden, archaischen Natur, von der Atakama-Wüste in Chile zu den Gletschern im Nationalpark Torres del Paine, vom Indus in Ladakh zu den Türmen der Stille in der iranischen Felswüste. Die Ruhe dieser einstigen Begräbnisstätte wird heute vom Lärm der Motorräder zerschnitten. Reifenspuren haben sich tief in den ockerfarbenen, dunkelgrauen Felsengrund eingegraben.
Ein Freiluftmuseum sind auch die Dolomiten, der Italiener ist für die Serie „Teatri di guerra“ die Schauplätze eines aberwitzigen Gebirgskrieges abgegangen. So monumental die Gipfel und Gräben, so unerbittlich präzise die Kompositionen. Der Fotograf ist dabei weniger auf der Suche nach der vergangenen Zeit als nach den Vorstellungen und Visionen vergangener Zeiten.
Der zweite Raum der Ausstellung ist hingegen „Cityscapes“ vorbehalten, Ansichten nächtlicher Großstädte, die, ebenfalls menschenleer, seltsam unwirklich scheinen. Spät hat der Historiker die Farbfotografie für sich entdeckt. 20 Jahre lang war er ein Verfechter von Schwarzweiß, er schätze die „ernsthafte, poetische und perfekte Bildsprache“, sagt Campigotto.
Doch auch die intensiven Farben, die er seit 2006 verwendet, haben wenig mit der Realität zu tun. Es seien seine eigenen Farben, am Computer gemacht. „Sie sind näher an der Idee, die ich verfolge.“ Erinnern seine ersten Arbeiten über Venedig noch an Theater, scheinen die Aufnahmen amerikanischer Großstädte aus einem Filmstudio zu stammen. Die große Tiefenschärfe erlaubt dem Zuschauer an jeder beliebigen Stelle einzutauchen, Spuren popkultureller Erinnerungsfetzen zu verfolgen – von Film Noir bis Graphic Novel – oder eigene Geschichten zu spinnen.
Vor Kurzem habe er von China geträumt, da wusste er, wo die nächste Reise hingeht, erzählt der Venezianer, der sich einmal mehr auf die Spuren großer Abenteurer begeben wird – um in ihrem Geiste Neues zu entdecken.