Bühne

Kreatives Wühlen im Untergrund

Thomas Gassner leitet das Freie Theaterfestival seit 2012.
© Böhm

Das Freie Theaterfestival Innsbruck wagt sich auf Wege: Auf dem heurigen Programm steht nur eine Produktion. Die allerdings hat gleich vier Regisseure.

Von Joachim Leitner

Innsbruck –Zu viele Köche verderben den Brei. Heißt es. Nachdem man sich in den vergangenen Jahren mit dem Weltende und dem Selbstbewusstsein des Provinzlebens auseinandersetzte, versucht das Freie Theaterfestival Innsbruck, in diesem Herbst den Gegenbeweis zu dieser Volksmundweisheit anzutreten.

Bei der heuer zum 5. Mal stattfindenden Leistungsschau von Innsbrucks freier Theaterszene wird nur noch eine Produktion auf dem Programm stehen. Das bestätigte Festivalleiter Thomas Gassner gestern auf Anfrage der TT. Diese verspricht allerdings, im Vergleich zu den vorherigen Festivals, bei denen bis zu zehn Stücke gezeigt wurden, ungleich aufwändiger zu werden. Gassner jedenfalls kündigt eine „wirklich heiße G’schicht“ an, die sich kaum um die in der Welt des Theaters gängigen Strukturen schert. Im Gegenteil: „Wir haben uns bewusst für einen anderen, neuen Weg entschieden, um zu zeigen, dass nichts so sein muss, wie es immer war“, sagt Gassner.

Erstes Indiz, dass tatsächlich etwas Außergewöhnliches entsteht, ist bereits die Wahl des Stoffes. Der aus Südtirol stammende und in Berlin lebende Dramatiker Toni Bernhart hat im Auftrag des Festivals Vergils „Aeneis“, also einen der Eckpfeiler der abendländischen Geistes- und Kulturgeschichte, zum Stück verdichtet.

Wer das antike Epos kennt, weiß: Die Erzählung von der Flucht und den Irrfahrten des heldenhaften Aeneas, der zum Stammvater des Römischen Reiches wurde, ist reich an irdischen und überirdischen Figuren. Dementsprechend umfangreich ist die Besetzungsliste der Innsbrucker „Aeneis“: Bis zu dreißig Darstellerinnen und Darsteller werden auf der Bühne stehen. Darunter Mitglieder beinahe aller Innsbrucker Off-Bühnen: Von Carmen Gratl („Staatstheater“) über Theresa Waas („Theater praesent“) bis zu Michaela Senn („tON/NOt“).

Und auch hinter den Kulissen dürfte einiges los sein: Mit den bereits Landestheater-erfahrenen Mona Kraushaar und Thomas Oliver Niehaus sowie diemonopol-Mitgründerin Andrea Hügli und Torsten Schilling, der zuletzt mehrfach am Westbahntheater arbeitete, werden gleich vier – durchaus für ihren kreativen Eigensinn bekannte – Regisseure für die Inszenierung verantwortlich zeichnen. Die vier seien derzeit dabei, das Stück so aufzudröseln, dass sich eine Methode findet, ihre Ideen unter einen Hut zu bringen, erklärt Gassner, der das Festival seit 2012 gemeinsam mit Katrin Jud leitet. Bis zum 26. September haben sie dafür noch Zeit, dann beginnen die Proben. Die Uraufführung von „Aeneis“ – und damit die Eröffnung des 5. Freien Theaterfestivals Innsbruck – findet am 12. November statt. Angesetzt sind bis Mitte Dezember insgesamt zwölf Aufführungen. Wobei auch mit der Wahl des Spielortes neue Räume erschlossen werden: Bespielt wird nämlich erstmals das Kellergewölbe von Schloss Büchsenhausen. „Ein idealer Ort, um gemeinsam im Untergrund zu wühlen“, findet Thomas Gassner. Ob er auch für die Zubereitung bekömmlichen Breis taugt, wird sich zeigen.