Zillertal

Der Natur wieder Raum gegeben

© Dähling

Die Renaturierungsmaßnahmen am Aschauer und Märzener Gießen zeigen Wirkung. Fische und Amphibien laichen hier jetzt und riesige Äskulapnattern fühlen sich ebenso zu Hause wie Biber.

Von Angela Dähling

Stumm, Aschau –Was für eine Schrecksekunde war das damals: Bei der Errichtung der neuen Begleitstraße von Uderns nach Fügen schlängelte sich während der Bauarbeiten plötzlich eine gut anderthalb Meter lange Schlange von der Schaufel eines Baggers. „Es handelte sich um eine Äskulapnatter, die in Nordtirol nur im Gebiet rund um Stumm und Uderns nachgewiesen ist“, weiß Christoph Volderauer vom Baubezirksamt, Fachbereich Wasserwirtschaft.

Er und sein Team haben für die bis zu zwei Meter lange, ungiftige und größte einheimische Schlange (die übrigens im Apotheken-Logo verewigt ist) im Bereich des Märzener Gießen eine Art Wohlfühllandschaft errichtet. Auf diesem Grundstück des Wasserbauamtes am nördlichen Ortsrand von Stumm wollte die Gemeinde einst ein Gewerbegebiet errichten, bekam aber den Grund dafür nicht. Stattdessen wurde das Wasserbauamt selbst tätig und schuf hier ein Naherholungsgebiet für den Menschen und Lebensraum für Kröten, Frösche, Fische, Libellen, Fischreiher und eine Reihe anderer Tierarten wie die besagte Schlange. „Wir haben für sie schon vor den Bauarbeiten Stein- und Holzhaufen zum Verkriechen errichtet“, erzählt Volderauer.

Das 16.000 m² große Areal wurde um anderthalb bis zwei Meter abgesenkt und der Gießen hier hinein umgelenkt. Floss er zuvor schnurgerade weiter, schlängelt er sich jetzt durch die Aulandschaft, in der auch ein großer Teich und mehrere kleine Tümpel für Kröten und Frösche angelegt wurden. Auf Humusierungen und Einsaaten wurde verzichtet – damit sich Unkraut wie das lästige chinesische Springkraut nicht gleich ausbreitet, wie Volderauer erklärt. Der Sand-Schotter-Belag war ein Grund, warum Kritiker im Ort das Ganze anfangs als „Sandkiste“ des Wasserbauamtes verspotteten. Inzwischen ist alles dicht bewachsen – selbst gemacht von der Natur. Da staunt sogar Christoph Volderauer: „Man muss der Natur einfach Platz geben. Es braucht nicht viel Geld, sie sucht sich selbst ihren Weg.“

Das erste große Renaturierungsprojekt im Zillertal wurde übrigens am Aufenfelder Gießen in Aschau durchgeführt – im Zuge der Erweiterung des Gewerbegebietes dort auf Grund und Boden des Wasserbauamtes. „Durch die Kraftwerksbauten im Zillertal und die damit verbundene enorme Wasserschwankung des Zillers wurde dieser einst eingetieft. Die Seitenbäche waren jedoch höher und stürzten daher aus ein bis zwei Metern Höhe in den Ziller“, erklärt Volderauer. Fische konnten sich weder aus dem schnell fließenden Ziller in die Seitenbäche zum Laichen begeben, noch konnten sie aus den Seitenbächen in den Ziller gelangen. Gefördert vom Bundesministerium wurde unter Bauherrschaft der Gemeinde Aschau und in Zusammenarbeit mit Fischern der Gießen vom Baubezirksamt für Fische wieder passierbar gemacht. Die Fließstrecke des geradlinig verbauten Baches wurde wieder natürlich gestaltet, eine Schottersohle mit Stein hergestellt und der Bach im Verlauf um rund 1,5 bis 2 Meter auf Ziller-Niveau abgesenkt. Fischunterstände aus Baumstümpfen, Schotter-Freiflächen für Eidechsen sowie kleine Teiche für Amphibien und eine Fußgängerunterführung unter der B169 rundeten das Projekt ab. Inzwischen hat sich hier auch ein Biber angesiedelt.

Ein weiteres bewilligtes Projekt am verschlammten Stummer Gießen kann leider derzeit nicht umgesetzt werden. Der Bund hat die Fördermittel bis auf Weiteres gestrichen. Und ohne sie kann die Gemeinde Stumm das Ganze nicht finanzieren.

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