Gesellschaft

25 Jahre Ötzi-Fund: „Ui, ein Mensch!“

„Da lag der Ötzi, und oben am Fels stand mein Mann“: Erika Simon zeigt, wie sie und ihr inzwischen verstorbener Mann vor 25 Jahren den Eismann entdeckten.
© Rapp

Die Ötzi-Finderin am Tisenjoch, vor ihr der Eismann im Schnee – aus Kunststoff. Vor 25 Jahren wurde der wahre Ötzi gefunden, nun wurde der Jahrestag zelebriert.

Von Irene Rapp

Schnals –Erst vor zwei Wochen waren zwei Kriminalbeamte aus München aufs Tisenjoch gekommen. Sie inspizierten den auf 3210 Meter gelegenen Tatort, überlegten, wie es zu dem tödlichen Angriff vor 5300 Jahren gekommen sein könnte. Gestern Samstag waren es mehr als zwei Personen, die an der Grenze zwischen Nord- und Südtirol aufeinandertrafen. Vor 25 Jahren – am 19. September 1991 – stolperte hier das deutsche Ehepaar Simon über die Eismumie Ötzi. „Mein Mann hat gesagt, schau, was da liegt. Und ich habe gemeint, ‚ui, das ist ja ein Mensch‘“, erzählt Erika Simon.

Auf Einladung des TVB Ötztal und des Ötzidorfs in Umhausen wurde die 76-Jährige gestern mit dem Hubschrauber zum Fundort am Tisenjoch geflogen. „Ihr müsst bedenken, ich bin alt und bekomme nicht mehr so viel Luft“, entschuldigt sie sich bei den zahlreichen Journalisten vor allem aus Deutschland. Keine Frage: Das Thema Ötzi zieht immer noch. Erika Simon wird mit vielen Fragen konfrontiert. Wie oft hat sie diese Geschichte wohl schon erzählt? Seit dem denkwürdigen 19. September – „es war so heiß, dass wir mit kurzen Ärmeln gehen konnten“ – war sie rund achtmal an der Fundstelle oberhalb der Similaunhütte. Der 25. Jahrestag des Fundes des Gletschermannes wird derzeit zelebriert.

„Am 19. September startet in Bozen ein dreitägiger Ötzi-Kongress. Da werden neue Forschungsergebnisse präsentiert, so gibt es vom Genetischen etwas zu berichten und vom Magentechnischen. Und auch die deutschen Kriminalbeamten werden da sein, denn die wurden vom Archäologiemuseum in Bozen mit der Recherche hier oben beauftragt“, berichtet Archäologe Walter Leitner. Auch er ist gestern mit dem Hubschrauber zum Tisenjoch heraufgeflogen und hilft jetzt Leonhard Falkner vom Ötzi-Dorf in Umhausen beim Eingraben einer Ötzi-Nachbildung aus Kunststoff. An dieser Stelle soll der Gletschermann einst durch einen abgeschossenen Pfeil innerhalb kurzer Zeit gestorben sein.

Jetzt steht Erika Simon vor der Puppe und fängt zu erzählen an. Nur durch Zufall seien sie 1991 über die Leiche gestolpert, „wir hätten nie gedacht, dass sie so alt ist“. Beim Hinuntergehen hätten sie und ihr inzwischen verstorbener Mann noch einen Bergsteiger beobachtet, der aber auf einem anderen Pfad unterwegs war und deswegen nicht an Ötzi vorbeikam. „Das erzählst du aber jetzt das erste Mal“, merkt Leitner an.

Nachdem alle Journalistenfragen beantwortet sind, wird noch eine Runde Schnapserl ausgegeben. „Auf dich und deine Gesundheit“, prostet Falkner der Deutschen zu. Am 19. September will Erika Simon noch einmal hierherkommen. Dann aber nur mit ihren zwei Söhnen und drei der vier Enkel. Allein werden sie auch an diesem Tag nicht sein: Die Schnalser Sektionen von Alpenverein und Bergrettung wollen die Fundstelle ganztägig befeuern.

Zur Erinnerung an diesen Tag wurde eine vom Schnalstal aus zu sehende Pyramide aus Stein errichtet.
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