Landespolitik

„Prolongierter Wahlkampf“

© Ploder

Im Gemeinderat Sölden herrschen seit den Wahlen im März hitzige Diskussionen. In der vergangenen Sitzung ging es vor allem um strittige Wohnbau- und Mietklauseln.

Von Thomas Ploder

Sölden –Rund sechs Monate nach der Gemeinderatswahl und einer massiven personellen Veränderung herrscht im Sölder Gemeinderat nicht die gewünschte harmonisch-konstruktive Arbeitsat­mo­sphäre. Stattdessen teilten sich die Listen in zwei Lager – und die Gräben dazwischen werden zusehends tiefer. Wie die jüngste Sitzung zeigte, werden zwar auch in Sölden die meisten Beschlüsse einstimmig gefasst, die Debatte einzelner Sachthemen mündet jedoch zunehmend in hitzige Wortgefechte. Und weil an den Protokollen der vorhergegangenen Sitzung massive Kritik geübt wurde, ließ BM Ernst Schöpf erstmals in Söldens Dorfparlament die gesamte Sitzung als Ton­dokument aufzeichnen.

GV Stefan Brugger, Wortführer in Sachen „Kritik an ererbten Fehlern, deren Auswirkungen die Gemeinde teue­r zu stehen kommen“, steht dabei neben BM Ernst Schöpf auch dem langjährigen Gemeinderat Johann „Giovann­i“ Grüner gegenüber. Diese lassen die Angriffe gegen die Arbeitsweise früherer Gemeinderäte nicht gelten: „Für mich ist das prolongierter Wahlkampf“, erklärte dazu BM Schöpf. Dem erstmals im Gremium vertretenen Brugger wird dagegen politische Inkonsequenz vorgeworfen, lehnte er doch beispielsweise im ausschließlich beratenden Agrarausschuss den Verkauf eines Gemeindegrundstücks ab, stimmte aber anschließend bei der Abstimmung im Gemeinderat dafür. Brugger seinerseits erinnert an sein Wahlversprechen, für „mehr Transparenz“ sorgen zu wollen, und stellt seiner Ansicht nach fehlerhafte Sachverhalte konsequent zur Diskussion.

Einer seiner aktuellen Kritikpunkte richtete sich gegen die geübte Praxis im Umgang mit Miet-, Mietkauf- und Eigentumswohnungen. Weil die Gemeinde den Grund unter seinem tatsächlichen Wert verkaufte und maximale Förderungen in Anspruch genommen wurden, können nun – nach Ablauf der 12-Jahres-Frist – 16 der 48 Wohnungen der Anlage „Pizze“ von den Nutzern zu sehr günstigen Konditionen erworben werden. Weitere 16 folgen 2018, der Rest 2020. Brugger sieht darin eine „Möglichkeit zur Spekulation“ und fordert in jenen Fällen, in denen Wohnungen an Ortsfremde verkauft werden, für die Gemeinde einen Wertausgleich.

BM Schöpf verteidigt den damals beschrittenen Weg, sieht dazu für Bruggers Vorschlag auch keine Umsetzungsgrundlage. In Bezug auf die derzeit in Bau befindliche Anlage in Kaisers zeigt Stefan Brugger auf, dass in den Verträgen zwischen der Gemeinde und dem Bauträger Neue Heimat Tirol (NHT) keineswegs das ausschließliche Vergaberecht der Gemeinde festgeschrieben wurde. Vielmehr dürfe die NHT nach zwei Monaten ab Bezugsreife die Wohnungen freihändig vergeben. Nach Vorlage der Fakten gestand BM Schöpf den Fehler ein und erklärte, mit der NHT eine Lösung zu suchen.

Handlungsbedarf bestehe auch im Zusammenhang mit einzelnen Mietverträgen für Gemeindeobjekte, bzw. -räume. Als Auslöser gilt hier das Mietverhältnis mit dem Postpartner in Gurgl, der die zum Geschäftslokal gehörende Wohnung ohne schriftlichen Mietvertrag nutzen durfte und somit als unbefristeter Hauptmieter angesehen werden musste. Nach langwierigen Verhandlungen konnte eine Einigung erzielt werden: Das Gebäude wird nun von der ortsansässigen Ärztin auf eigene Kosten um rund 900.000 Euro saniert. Die Miete in den kommenden 25 Jahren wird entsprechend gemindert. Mieterin und Gemeinde kamen weiters überein, dass neben der Praxis eine Drogerie errichtet werden dürfe, die auch die Aufgaben eines Postpartners übernehmen wird.

Die Ordinationsräume der beiden Mediziner in Sölden befinden sich in einem Gebäude, das die Gemeinde wiederum von der Tiwag erworben hat. Auch hier ist eine Neuformulierung des befristeten Mietvertrages dringend nötig.

Neben diesen Beispielen existieren weitere, weshalb der Gemeinderat den Vorschlag des Bürgermeisters, einen Rechtsanwalt mit der generellen Vertragsgestaltung und -abwicklung zu betrauen, einstimmig annahm.

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