EU-Finanzminister gaben sich Überblick über Problemfelder
Bratislava/Athen (APA) - Die Finanzminister der EU beziehungsweise der Eurozone haben sich am Freitag und Samstag in Bratislava einen Überbl...
Bratislava/Athen (APA) - Die Finanzminister der EU beziehungsweise der Eurozone haben sich am Freitag und Samstag in Bratislava einen Überblick über zahlreiche Krisen und Problemfelder verschafft. Das Themenfeld ist breit gestreut: Von Hilfszahlungen an Griechenland über Steuervermeidungspraktiken großer Firmen bis zur Vorbereitung auf den britischen EU-Austritt (Brexit) reichte die Themenpalette.
Griechenland arbeite nun wieder mit Hochdruck an Reformen, um weitere 2,8 Mrd. Euro Hilfszahlungen zu bekommen, versprachen Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Zwar seien erst zwei von 15 nötigen Maßnahmen völlig erfüllt, aber noch bestehe die Chance, dass alles rechtzeitig fertig wird - wobei die Frist dafür aktuell von Mitte auf Ende September geglitten ist und wohl auch Ende Oktober noch möglich ist. Dann läuft die Finanzierungszusage über den Hilfsfonds ESM aus - diese könnte aber auf politischer Ebene auch wieder verlängert werden. Wie Finanzminister Hans Jörg Schelling vermerkt: Die EU ist es gewohnt, dass Griechenland Auflagen erst im letzten Moment erfüllt.
Im Kampf gegen Steuervermeidung verweisen die EU-Staaten auf zahlreiche Maßnahmen, die die Situation verbessern sollen. In Zukunft sollen aggressive Steuerverminderungstaktiken von Firmen unterbunden werden - wobei diese Bemühungen nicht nur in der EU, sondern auch global im Rahmen der wirtschaftlich stärksten Länder (G-20) laufen. Dass Firmen faire Steuern zahlen ist aber nicht nur ein wirtschaftliches Gebot - auch politisch ist es unerlässlich, den Menschen zu zeigen, dass alle gleich behandelt werden, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria zum Abschluss der Veranstaltung.
Irland wie auch die Niederlande pochen aber darauf, dass frühere Abmachungen mit Firmen wie Apple oder Starbucks, die diesen Steuerquoten nahe Null bescherten, nicht jetzt im Nachhinein für ungültig erklärt werden können. Sie berufen daher - gemeinsam mit den betroffenen Firmen - gegen Rückzahlungsforderungen der EU-Kommission. Hier ist der EuGH am Zuge, was leicht zwei Jahre dauern kann. Österreich selber habe niemals individuelle Abmachungen mit einzelnen Firmen getroffen, versicherte Schelling. Die Finanzbehörden prüfen zwar, ob die Rückzahlungen an andere Länder Auswirkungen für Österreich haben könnten, Schelling rechnet aber nicht mit nennenswerten Budgeteinnahmen aus diesem Titel. Ähnlich äußerte sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble: „Natürlich“ prüfe auch Deutschland, ob es, wie von der EU-Kommission angedeutet, Ansprüche geltend machen könne, „aber ich glaube, dass die Erwartungen, die da zum Teil geschürt werden, ein bisschen voreilig sind“.
Eine wichtigere Geldquelle könnte der erfolgreiche Kampf gegen Mehrwertsteuerbetrug sein, durch den Österreich jährlich 2,9 Mrd. Euro entgehen. Österreich will in einem Pilotprojekt die Steuerpflicht umkehren („Reverse Charge“) und hofft so, den Kriminellen das Handwerk zu legen. Bis zum 1. Quartal 2017 soll es neue Vorschläge der EU-Kommission dazu geben, sollten alle EU-Staaten zustimmen, könnte Österreich eventuell 2018 sein System umstellen, hofft Schelling. Der erste Anlauf Österreichs dazu kam allerdings schon 2006, bisher gab es kein Grünes Licht.
Schelling hat am Rande dieses informellen EU-Finanzministertreffens (Ecofin) auch für einen Sonder-Ecofin zum Thema Brexit geworben. Die EU müsse Szenarien entwickeln, wie man mit dem Austritt Großbritanniens umgehen wolle. Man müsse berechnen, was passiert, falls die Briten voll weiterzahlen, nur einen Teilbetrag zahlen oder als Zahler ganz ausfallen. Man müsse auch klären, ob andere Länder für einen Einnahmenausfall des EU-Budgets einspringen wollen. Das sei insbesondere für die nächste Finanzperiode wichtig, die schon vor dem endgültigen Austritt der Briten verhandelt wird. Verhandlungen mit den Briten sollen hingegen erst nach dem offiziellen Austrittsgesuch starten, sagt Schelling.
Schelling ist noch zuversichtlich, dass es im Oktober einen Durchbruch bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTT) für zehn EU-Staaten gibt. EU-Kreise sehen aber in der heutigen Diskussion dazu eine Abschiebung des Themas auf die internationale Ebene und damit auf die - sehr - lange Bank. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble verwies auf Schellings Bemühungen zum Thema, sagte aber auch: „Das funktioniert nicht, wenn man das nicht global macht.“
Bei diesem Treffen haben sich die Mitgliedsländer auch verpflichtet, ihre Budgetplanungen künftig zwischen 1. und 15. Oktober in Brüssel abzugeben. Da seine Budgetrede für den 12. Oktober geplant sei, werde sich das schön ausgehen, so Schelling dazu.