Syrische Opposition bewertet Friedenspläne zurückhaltend
Damaskus/Idlib (APA/dpa/Reuters) - Die syrische Opposition bewertet die von Russland und den USA ausgehandelte Waffenruhe für Syrien zurückh...
Damaskus/Idlib (APA/dpa/Reuters) - Die syrische Opposition bewertet die von Russland und den USA ausgehandelte Waffenruhe für Syrien zurückhaltend. Ab Montagabend sollen die Waffen in dem Bürgerkriegsland schweigen. Verschiedene Oppositionsbündnisse äußerten am Samstag ihre Skepsis, ob sich die Regierung von Präsident Bashar al-Assad tatsächlich daran halten werde.
Dennoch wolle man seinen Teil zum Gelingen beitragen, hieß es von der Opposition. „Wir müssen abwarten, ob sich das Regime und seine russischen Verbündeten auch wirklich an die Absprachen halten“, sagte Samir al-Nashar vom Oppositionsbündnis Syrische Nationale Koalition der Deutschen Presse-Agentur. „Wir vertrauen dem Regime nicht, weil es zu oft bisherige Versprechen von Feuerpausen gebrochen hat.“
Die syrische staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete am Samstag, dass der Plan in Absprache mit der Führung in Damaskus erarbeitet worden sei. Die führende syrische Oppositionelle Basma Kodmani äußerte neben Sorgen am Samstag aber auch Hoffnungen auf ein Ende des jahrelangen Konflikts. Das Hohe Verhandlungskomitee der Regimegegner (HNC) werde seinen Teil dazu beitragen, dass sich moderate Oppositionsgruppen neu organisierten und von islamistischen Gruppierungen distanzierten, sagte sie.
Vor allem die Rolle der islamistischen Jabhat Fatah al-Sham, der früheren Nusra-Front, war in bisherigen Friedensgesprächen immer ein Streitpunkt gewesen. Sie führte dazu, dass vergangene Versuche, eine Waffenruhe durchzusetzen, scheiterten. Der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida ist eine der mächtigsten Parteien in dem Bürgerkrieg. Zahlreiche gemäßigte Rebellengruppen kämpfen Seite an Seite mit den Jihadisten gegen die Assad-Regierung. Deswegen wurden auch gemäßigte Oppositionelle, die von den USA unterstützt werden, vom syrischen Regime immer wieder bombardiert.
In der Nacht zum Samstag hatten US-Außenminister John Kerry und der russische Außenminister Sergej Lawrow ihre Pläne vorgestellt, wie sie eine Waffenruhe in Syrien durchsetzen wollen. Ein Kernpunkt ist eine de-facto Flugverbotszone für die syrische Luftwaffe in den Gebieten, die von der Opposition gehalten werden. Die Luftangriffe und Abwürfe von Fassbomben seien der Hauptgrund für die hohe Zahl ziviler Opfer in dem Krieg, betonte Kerry.
Von Montagabend an sollen die Waffen zunächst schweigen. Die Waffenruhe fällt mit dem Beginn des islamischen Opferfestes zusammen. Die Übereinkunft könne ein „Wendepunkt“ im syrischen Bürgerkrieg sein, sagte Kerry. Die amerikanisch-russischen Vereinbarungen würden endlich auch die Versorgung notleidender Menschen durch Hilfsorganisationen ermöglichen - vor allem im heftig umkämpften Aleppo.
Zunächst sollen die Waffen für sieben Tage schweigen, anschließend planen die USA und Russland ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen Terrorgruppen in Syrien wie Al-Kaida und dem Islamischen Staat.
Lawrow erklärte, Moskau habe die Vereinbarung einer Waffenruhe mit der syrischen Regierung abgesprochen. Diese habe ihr Einverständnis bekundet. Lawrow hofft, dass die Konfliktparteien im Bürgerkrieg demnächst in Genf ihre auf Eis liegenden Gespräche wieder aufnehmen werden.
Der jetzigen Genfer Syrienvereinbarung waren wochenlange diplomatische Aktivitäten vorausgegangen. Schon vor zehn Monaten hatten sich Russland und die USA auf eine Waffenruhe verständigt, die aber nicht lange hielt.
Einen Tag nach der Einigung auf die Waffenruhe in Syrien wurde die Stadt Idlib im Nordwesten des Landes Ziel von Luftangriffen. Bei den Angriffen auf einen Markt und mehrere Wohnviertel seien am Samstag 24 Menschen getötet worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Mindestens 90 weitere Menschen seien verletzt worden.
Unklar war zunächst, welche Luftwaffe die Angriffe flog. Auch konnte die Beobachtungsstelle zunächst nicht sagen, wie viele Zivilisten unter den Opfern waren. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Angaben aus einem Netzwerk von Informanten in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens wird seit dem vergangenen Jahr von einer Koalition aus Rebellen und Dschihadisten kontrolliert. Diese „Armee der Eroberung“ wird regelmäßig von syrischen und russischen Flugzeugen angegriffen.
In dem seit Frühjahr 2011 andauernden syrischen Bürgerkrieg wurden mehr als 290.000 Menschen getötet und die Hälfte der Bevölkerung in die Flucht getrieben.