Alternative Sichtweisen auf die Bilderflut
Die experimentelle Indie-Rock-Gruppe „Exploded View“ rund um Sängerin Annika Henderson legt ein dunkles, widerständiges Album vor.
Innsbruck –Vom politischen Journalismus kommend hat sich Annika Henderson alias Anika verstärkt der Musik zugewandt. Auf ihrem 2010 veröffentlichten Debüt „Anika“ betörte die deutsch-britische Sängerin mit reduzierten Covernummern. Ihr spröder, doch eleganter Gesangsstil, der an Nico erinnert, und die raffinierte Auswahl der Stücke wurden von der Kritik gefeiert. Die Songs von Bob Dylan, den Kinks oder Yoko Ono machte Anika auf dem von Geoff Barrow von Portishead produzierten Album mit ihren kühnen Interpretationen zu etwas Eigenem. Das Musikbusiness ist Henderson, deren Familie mütterlicherseits zu den Mitbegründern des Haldern Pop Festivals zählt, seit Kindestagen vertraut, in Studientagen hat sie nebenher als Musik-Promoterin gearbeitet. In Geoff Barrows Bandprojekt Beak war ihre Stimme erstmals zu hören.
Politisch engagiert sich Anika auch weiterhin: Mit einem Cover von Nenas „99 Luftballons“ unterstützte sie Anfang des Jahres die Proteste gegen das britische Atomwaffenprogramm. Noch klarer artikuliert sie politische Inhalte auf dem nun erschienenen Album „Exploded View“ ihres gleichnamigen neuen Bandprojekts.
Der Name „Exploded View“ nimmt Bezug auf die Bilderflut, die täglich vor unseren Augen explodiert. „View“ spielt indes auf die Eigenverantwortung des Betrachters an. Entstanden ist das Album nach einem Mexiko-Aufenthalt 2014, bei dem Anika gemeinsam mit Martin Thulin, Amon Megarejo und Hugo Quezada aufgetreten war. Das Zusammenspiel zog die jetzige Kollaboration nach sich.
Brüchig, verhallt, düster, treibend und widerständig sind die Post-Punk-No-Wave-Stücke, die Exploded View servieren. Songs wie „Orlando“ mit seinen Krautrock-Einflüssen und den perlenden Synthies entfalten einen unwiderstehlichen Sog, der durch die improvisierte Aufnahme verstärkt wird. (sire)